FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax (DAX) wird künftig technologielastiger: Der von Rekord zu Rekord eilenden Aktie des Zahlungsdienstleisters Wirecard (4:WDIG) ist der Aufstieg in die erste Börsenliga nach Analysteneinschätzung inzwischen gewiss. Das TecDax (TecDAX)-Unternehmen wird mit einem Börsenwert von aktuell fast 24 Milliarden Euro in die Top 30 aufrücken. Insgesamt wird es dann mit Infineon (4:IFXGn), Deutscher Telekom (4:DTEGn) und SAP (4:SAPG) vier Technologiekonzerne im Dax geben.
Gehen muss für Wirecard die Commerzbank (4:CBKG), die schon seit der Gründung des deutschen Leitindex im Jahr 1988 dabei war. Ihr Börsenwert ist inzwischen auf rund 10 Milliarden Euro zusammengeschrumpft. Sie wird daher in den MDax (MDAX) für mittelgroße Unternehmen absteigen müssen, erwartet Index-Experte Uwe Streich von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).
Mit Deutsche Wohnen (0:DWNId) läuft sich seinen Worten zufolge mittelfristig außerdem noch ein zweites Immobilienunternehmen warm, um neben Vonovia (4:VNAn) im Niedrigzinsumfeld die mächtig gewordene Branche zu repräsentieren. Schwer genug ist Deutsche Wohnen mit einem Börsenwert von 15,5 Milliarden Euro längst. Es hapert jedoch immer noch am Börsenumsatz.
Im September aber wird es zunächst noch zahlreiche weitere Änderungen auch im MDax, SDax (SDAX) und TecDax geben. Ab dem 24. September treten nämlich auch die neuen Index-Regeln der Deutschen Börse (DE:DB1Gn) in Kraft. Bereits am Mittwoch, 5. September nach Handelsschluss, wird der Marktbetreiber detailliert informieren. Denn künftig erhalten Technologieaktien aus dem TecDax auch Zugang zum Index der mittelgroßen Werte oder zu dessen kleinerem Bruder, dem SDax.
Daher wird der MDax von bisher 50 auf dann 60 Werte ausgeweitet und der SDax von 50 auf 70 Werte aufgestockt. Für den Dax ändert sich indes nichts, denn ein Aufstieg von TecDax-Unternehmen in die erste Börsenliga war zumindest theoretisch immer möglich. Praktisch kam dies bislang aber nur einmal vor und war nicht einmal ein "echtes" TecDax-Ereignis. Damals kehrte der Chiphersteller und damalige "Pleitekandidat" Infineon zurück in den Dax, aus dem er erst sechs Monate zuvor herausgeflogen war.
Wie Index-Experte Streich ermittelte, dürften insgesamt 13 der alten TecDax-Mitglieder künftig auch im MDax zu finden sein: Qiagen (4:QIA), Siemens (DE:SIEGn) Healthineers (4:SHLG), United Internet (4:UTDI), Sartorius (4:SATG_p), Morphosys (4:MORG), Freenet (4:FNTGn), Siltronic (4:WAFGn), Evotec (4:EVTG), Telefonica (MC:TEF) Deutschland (4:O2Dn), 1&1 Drillisch (4:DRIG), Software AG (4:SOWGn), Nemetschek (4:NEKG) und Bechtle (112:BC8G). Für die beiden letztgenannten ist der Aufstieg allerdings keineswegs bereits in trockenen Tüchern.
Auf wackeligen Plätzen befinden sich außerdem die MDax-Unternehmen Norma Group (4:NOEJ), Fielmann (112:FIEG), CTS Eventim (4:EVDG) und Talanx (4:TLXGn). Ihnen könnte der Abstieg in den SDax drohen, während der Immobilienkonzern Alstria (4:AOXG) mit etwas Glück vom SDax in den MDax aufsteigen könnte.
Ziemlich sicher dagegen erwartet Streich, dass die aktuellen MDax-Unternehmen Jungheinrich (4:JUNG_p), Leoni (4:LEOGn), Ströer (4:SAXG) und Ceconomy (4:MEOG) im SDax ein neues Zuhause finden werden. Der neue 70 Werte umfassende SDax wird laut Streich "zu einer bunten Mischung aus bisherigen MDax-Mitgliedern sowie jeder Menge an Titeln aus dem alten SDax und dem TecDax". Außerdem dürften mit der jüngst an die Börse gegangenen Befesa (105:BFSA) als Profiteur des Recycling-Booms sowie der Shop Apotheke (4:SAEG) womöglich noch zwei Neulinge mitmischen.
Wieder im SDax dabei sein könnten darüber hinaus die ehemaligen Mitglieder Diebold Nixdorf (4:WING) und - über das Nachrückverfahren - auch Baywa (0:BYW6d). Das SDax-Unternehmen Vossloh (4:VOSG) hingegen könnte über das Nachrückverfahren Glück haben, weiter im Index zu bleiben. Mit Hilfe eines "erweiterten" Nachrückverfahrens - nämlich um die 70 Mitglieder voll zu bekommen - dürfte zudem KWS Saat (4:KWSG) in den SDax aufgenommen werden.
Außerdem erwartet der LBBW-Experte folgende TecDax-Werte im SDax: Carl Zeiss Meditec (112:AFXG), Jenoptik (DE:JENGn) , Cancom (4:COKG), Aixtron (4:AIXGn), Dialog Semiconductor (4:DLGS), S&T (104:SANT1) sowie die Compugroup (4:COPMa), Isra Vision (4:ISRG), Xing (4:OBCGn) (4:OBCGn), Pfeiffer Vacuum (4:PV), RIB Software (4:RIB), Nordex (4:NDXG), Drägerwerk (4:DRWG_p) und SMA Solar (112:S92G).
Nach aktuellem Stand werden aus dem TecDax hingegen wohl drei Unternehmen für SAP, Infineon und die Deutsche Telekom (4:DTEGn) Platz machen müssen: SMA Solar, Medigene (4:MDG1k) und SLM Solutions (4:AM3D).
Wichtig sind Index-Änderungen vor allem für Fonds, die Indizes exakt nachbilden (ETFs). Dort muss dann entsprechend umgeschichtet und umgewichtet werden, was in der Regel Einfluss auf die Aktienkurse hat.