Investing.com - Die Gier hat die Aktien-Anleger gepackt. Seit Ende Oktober feiert die Wall Street dank der globalen Liquiditätsflut und der Hoffnung auf eine Lösung im Handelskonflikt ein Rekordhoch nach dem anderen. Das Interesse nach sicheren Häfen wie Gold ist derzeit gleich Null. Für den Goldpreis geht es daher steil bergab.
Der Gold-Future zur Lieferung im Dezember, der an der COMEX gehandelt wird, ist 9,75 Dollar oder 0,66 Prozent auf 1.458,75 Dollar je Feinunze gefallen und hat damit die Vorwochengewinne wieder vollständig abgegeben.
Spot-Gold verbilligte sich um 8,77 Dollar oder 0,60 Prozent auf 1.458,34 Dollar je Feinunze.
Die Gier der Anleger lässt sich am besten am Fear & Greed Index von CNN Money ablesen, der letzte Woche mit 91 Punkten den höchsten Stand seit 2017 erreichte. Trotz neuer Rekordhochs am Freitag zog er sich zum Ende der Woche wieder etwas zurück und schloss bei 87. Das zeigt aber nach wie vor eine extreme Gier der Marktteilnehmer an. Vorsicht ist geboten!
Der Fear & Greed Index schwankt in einer Spanne von 0 - 100. Der Indikator gilt als Kontraindikator. Bei Extreme Greed sollte man sich mit Longs an den Aktienmärkten zurückhalten, bei Extreme Fear sollte man indes vorsichtig mit Shorts werden.
Seit Jahresanfang ist der Nasdaq um knapp 29 Prozent, der Dow Jones Industrial Average um 20 Prozent und der S&P 500 um 24,58 Prozent gestiegen.
Wie lange der Herdentrieb noch anhält, ist ungewiss. Sicher ist nur, eine Korrektur ist überfällig, die dann aber auch schnell und heftig ablaufen kann und damit dem Goldpreis wieder neues Leben einhauchen kann.
Momentan gibt es aber noch keine konkreten Bestätigungen dafür, dass die Bären an der Wall Street aus ihrem Winterschlaf zurück sind. Allerdings mahnt neben dem Fear & Greed Index auch die Saisonalität zur Vorsicht: in den letzten 19 Jahren schloss der S&P 500 im November durchschnittlich mit einem Gewinn von 1,2 Prozent (Quelle: StockCharts). Derzeit stehen wir bei knapp 2 Prozent. Eine leichte Übertreibung, die zumindest kurzfristig als Bremsklotz fungieren könnte.
Der Goldpreis verliert dagegen im November durchschnittlich 3,3 Prozent an Wert (Quelle: StockCharts). Aktuell stehen wir bei 3,64 Prozent. Der Dezember kommt dagegen im Schnitt auf ein Plus von 1,2 Prozent.
Zwar wurden in den vergangenen Tagen immerzu Meldungen gestreut, dass ein Handelsdeal zwischen den USA und China nahe sei. Ein Abkommen ist aber noch immer nicht in trockenen Tüchern und dabei sollte doch die Unterschrift unter die Vereinbarung bereits gesetzt sein.
So hatte US-Präsident Donald Trump am 11. Oktober vollmundig bekanntgegeben, dass der Deal am 16./17. November auf dem Apec-Gipfel in Chile unterzeichnet werden soll. Der fiel aber bekanntermaßen ins Wasser. Wann und wo das Abkommen nun unterschrieben werden soll, ist weiterhin offen.
Es lasse Zweifel an der Fähigkeit beider Seiten aufkommen, "eine umfassendere Vereinbarung über die heikleren Fragen im Zusammenhang mit geistigem Eigentum, Technologietransfer und Industriepolitik zu erzielen“, wenn man sich noch nicht einmal auf ein „Phase-I-Abkommen“ einigen könne, welches „aus relativ geringen Zollrücknahmen und einer Verpflichtung Pekings zum Kauf von Agrarerzeugnissen besteht“, schrieb Neil Shearing, Chefökonom bei Capital Economics.
Ein Handelsdeal zwischen den USA und China ist also trotz der Schönrederei noch längst nicht in Sicht. Sofern die Gespräche am Ende doch ins Leere laufen, könnte der große Profiteur dieser grotesken Situation der Goldpreis sein.
Allerdings darf nicht vergessen werden, dass die Zentralbanken mit ihrer lockeren Geldpolitik für eine Liquiditätsschwemme gesorgt haben, die ihresgleichen sucht.
Das offizielle Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie das inoffizielle neue QE-Programm der Federal Reserve (Fed), heben die Weltbörsen weiter nach oben. In den elitären Kreis der außer Kontrolle geratenen Zentralbanken gesellte sich nun auch die People’s Bank of China (PBoC), die heute Nacht erstmals seit 2016 den Zinssatz für kurzfristige Kredite von 2,55 auf 2,50 Prozent gesenkt hat. Hinzu kommt noch das Versprechen der Bank of Japan (BoJ) die Geldpolitik bei Bedarf weiter zu lockern, falls sich die Wachstums- oder Inflationsraten wieder abschwächen.
Die Frage ist nur, wie lange spielen die Marktteilnehmer noch mit? Schließlich kämpft die Weltwirtschaft mit dem schwächsten Wachstum seit der Finanzkrise vor zehn Jahren. Die OECD sieht das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr nur noch um 2,9 Prozent und 2020 um 3,0 Prozent.
Im Worst-Case-Szenario, falls die wechselseitigen Zölle zwischen den USA und China nicht abgeschafft werden, dürfte sich das Wachstum um zusätzliche 0,3 bis 0,4 Prozent abschwächen.
Gleichzeitig liegt die globale Inflation gemäß Daten von Statista bei 3,58 Prozent. Das riecht doch stark nach Stagflation, also einem sinkenden Wirtschaftswachstum, gepaart mit steigender Inflation. Um den toxischen Cocktail perfekt zu machen, fehlt noch eine steigende Arbeitslosigkeit.
In der Vorwoche ist die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA so stark gestiegen wie seit Ende Juni nicht mehr. Sobald die Erstanträge mehrmals hintereinander um mehr als 35.000 pro Woche steigen, gilt dies als ein Zeichen dafür, dass die Wirtschaft an Kraft verliert und in eine Rezession zu stürzen droht. Eine Schwalbe macht zwar noch keinen Sommer, aber man sollte die nächsten Wochen mit Argusaugen die Erstanträge beobachten.
In Verbindung mit einer nachhaltigen Dollar-Schwäche könnte ein mögliches Stagflationsszenario den Goldpreis deutlich in die Höhe treiben.
Ein interessanter Artikel, wohin es mit dem Goldpreis auf lange Sicht gehen könnte, haben die Kollegen von finanzmarktwelt hier geschrieben.
von Robert Zach