Frankfurt (Reuters) - Die US-Notenbank Fed hat die Hoffnungen der Börsianer nach noch mehr Konjunkturstützen enttäuscht und damit die Kurse auf Talfahrt geschickt.
Der Dax gab am Donnerstagvormittag 0,7 Prozent nach auf 13.162 Punkte, der EuroStoxx50 verlor 0,9 Prozent auf 3308 Zähler. “Frische Signale auf neue Notenbanker-Schützenhilfe sind den Anlegern verwehrt geblieben”, sagte Timo Emden vom gleichnamigen Analysehaus. Die Fed hatte zwar in Aussicht gestellt, den Leitzins nicht vor 2023 zu erhöhen. Ihr Wertpapier-Kaufprogramm stockte sie dagegen nicht auf.
Die Märkte brauchten wohl noch eine Weile, um die Entscheidung zu verdauen, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst beim Handelshaus Avatrade. Zwar sei jetzt klar, dass die Zinsen jahrelang nicht angetastet würden. “Die Fed hat aber nicht gesagt, dass sie noch drei Jahre lang Anleihen kaufen will.” Angesichts der unerwartet starken Erholung könnte das Kaufprogramm vielmehr früher als gedacht zu einem Ende kommen. Der Dollar profitierte davon, ein Euro gab zeitweise 0,7 Prozent nach auf 1,1735 Dollar.
Die Hüter des Dollar hätten den Ball an die Politik zurückgespielt, sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst beim Brokerhaus CMC Markets. “Und dort liefern sich aus taktischen Gründen vor den Präsidentschaftswahlen die Demokraten mit den Republikanern einen Grabenkampf um die genaue Ausgestaltung und Höhe des nächsten Konjunkturpakets.”
Der stärkere Dollar lastete auf dem Goldpreis, eine Feinunze (31 Gramm) verbilligte sich um 1,1 Prozent auf 1938,33 Dollar. Commerzbank-Experte Carsten Fritsch sagte, angesichts der Aussicht auf lange Zeit niedrige Zinsen sei die Aufwertung des Dollar und damit der Rückgang des Goldpreises rätselhaft. Offen bleibe, was die Fed bei einem möglichen Zielkonflikt mache, wenn die Inflation etwa auf drei Prozent steige, obwohl die Arbeitslosigkeit noch zu hoch sei. “Aus unserer Sicht spricht die sehr hohe Latte für Zinserhöhungen eindeutig für einen höheren Goldpreis.”
AUTOWERTE NACH ABSATZSCHWUND UNTER DRUCK
Die niedrigen Zinsen machten den Bankaktien zu schaffen; der entsprechende Index fiel um 1,5 Prozent. Die Papiere von HSBC oder Barclays (LON:BARC) verloren bis zu 3,8 Prozent, am deutschen Markt gaben die Titel der Deutschen Bank (DE:DBKGn) oder der Commerzbank (DE:CBKG) bis zu 2,8 Prozent nach. Michael Hewson, Experte beim Brokerhaus CMC Markets, verwies auf die düsteren Konjunkturaussichten auch angesichts der steigenden Corona-Infektionen in vielen europäischen Ländern.
Autowerte gerieten europaweit unter die Räder, nachdem der Pkw-Absatz im August in der EU um 19 Prozent geschrumpft ist. Der Branchenindex gab 0,8 Prozent ab. In Paris verloren die Aktien von Renault und Peugeot (PA:PEUP) bis zu 3,7 Prozent, im Dax stehen VW (DE:VOWG) mit einem Minus von bis zu 2,7 Prozent auf der Verliererliste. Die Nachfrage nach Neuwagen ist wegen der Corona-Krise europaweit eingebrochen.
Die Ankündigung einer milliardenschweren Kapitalerhöhung lastete auf den Aktien von Unibail-Rodamco (AS:URW). Die Papiere der Immobilienfirma, die europaweit große Shoppingcenter besitzt, fielen um bis zu 9,2 Prozent auf ein Vier-Wochen-Tief von 36,33 Euro. Um Schulden abzubauen, sollen 3,5 Milliarden Euro über eine Bezugsrechtsemission am Kapitalmarkt eingesammelt werden.