Von Barani Krishnan
Investing.com - Ist die Ölpreis-Rallye vorerst vorbei? Noch ist es zu früh, um eine Aussage darüber zu treffen, aber die Ölpreise sind am Montag im ersten großen Ausverkauf seit 10 Tagen um mehr als 3% gefallen, und das in einem Markt, von dem einige sagen, dass er sich zunehmend von den wesentlichen Eckdaten der Nachfragelage abgekoppelt hat, ungeachtet des Optimismus über die wirtschaftliche Wiedereröffnung nach Covid-19.
"Sobald die CTAs 'extrem long' positioniert sind, ist der Markt reif für einen Pullback", sagte Scott Shelton, Energie-Futures-Broker bei ICAP (LON:NXGN) in Durham. Die US-Ölsorte WTI hat sich von ihren April-Tiefs um mehr als 300% erholt und die Nordseesorte Brent um 170%.
Ähnlich äußerte sich der Reuters-Kolumnist John Kemp in seinem wöchentlichen Kommentar.
"Hedge-Fonds haben damit begonnen, ihre optimistische Haltung gegenüber Öl zu mäßigen, nachdem sich die Ölpreis-Futures seit Ende April mehr als verdoppelt haben", schrieb Kemp. "Die Rohölpreise nähern sich einem Niveau, bei dem eine Wiederaufnahme der Schieferproduktion erwartet werden kann, und es gibt Bedenken, dass die Rallye die Nachfrageerholung outperformt".
Das in New York gehandelte WTI verlor 1,49 Dollar oder 3,8% auf 38,06 Dollar je Barrel. Es war der erste größere Ausverkauf seit dem 28. MAi. Ende April bildete US-Öl auf dem Höhepunkt der Corona-Krise bei Notierungen knapp über 10 Dollar einen Boden.
Die Nordseesorte Brent, die globale Referenzsorte für Erdöl, verbilligte sich um 1,55 Dollar oder 3,7% auf 40,75 Dollar. Für Brent war es der größte Tagesrückgang seit 27. Mai.
Die Rallye der letzten sechs Wochen wurde durch Rückgängen bei Bohranlagen und Stilllegungen von Bohrlöchern in den ölproduzierenden Regionen der USA unterstützt. Die von der OPEC anvisierten globalen Förderkürzungen von bis zu 9,7 Millionen Barrel pro Tag - die am Samstag vom Kartell für einen weiteren Monat gebilligt wurden - waren ebenfalls förderlich. Hinzu kam der unerwartete Anstieg der Beschäftigtenzahlen in den USA, der in der vergangenen Woche vom Arbeitsministerium für Mai gemeldet wurde, obwohl viele Unternehmen in diesem Monat noch geschlossen blieben.
Das Marktforschungsunternehmen Genscape meldete derweil am Montag einen Rückgang der Rohöllagerbestände in Cushing um 2 Millionen Barrel.
Doch während der Rückgang der Rohöllagerbestände und der Produktion weiter anhält, wird die schwache Nachfrage nach Benzin und Diesel zu offensichtlich, als dass man sie ignorieren könnte, sagten Ölmarktbeobachter.
"Diesel ist das Barometer für die wirtschaftliche Aktivität ... die Nachfrage ist auf dem Boden", sagte Bob McNally vom Beratungsunternehmen Rapidan. "Solange die Dieselvorräte nicht abnehmen, ist die Erholung der Nachfrage ungewiss".
Die EIA berichtete, dass die US Benzinbestände letzte Woche um 2,8 Millionen Barrel gestiegen seien, während Analysten einen Anstieg von nur etwa 1 Million Barrel prognostizierten.
Noch erschreckender waren die mit Diesel gefüllten Destillatbestände. Sie stiegen um 9,9 Millionen Barrel an. Allein die Destillatreserven sind in den letzten acht Wochen um mehr als 51 Millionen Barrel gestiegen.
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