Die Investoren brachten ihr Geld am Montag in Sicherheit. Sie verkauften Aktien und schichteten in Staatsanleihen um, was die Anleiherenditen auf ein Niveau drückte, das sie seit Monaten nicht mehr gesehen hatten. Was steckt dahinter?
Börsenkommentatoren verweisen auf eine weltweit und auch in den USA ansteigende Corona-Infektionskurve, die durch neue virale Varianten befeuert wird, die offenbar noch ansteckender sind als die alten. Die größte Angst ist wohl ein langsameres Wachstum infolge einer Kombination aus neuen Gesundheitsbeschränkungen und einer strafferen Geldpolitik, zu der die Federal Reserve wegen der höheren Inflation gezwungen werden könnte.
Zur Unterstützung der Wirtschaft müssen 'alle notwendigen Schritte' ergriffen werden
US-Präsident Joe Biden sagte am Montag in einer seltsamen Erklärung, er habe Fed-Chef Jerome Powell kürzlich daran erinnert, dass die Fed unabhängig ist und "alle notwendigen Schritte unternehmen sollte", um die Wirtschaft zu unterstützen.
Handelt es sich dabei um ein grünes Licht für eine Straffung der Geldpolitik durch eine Drosselung der Anleihekäufe oder eine Andeutung von Zinserhöhungen? Oder handelt es sich um eine Falle - um den Schwarzen Peter an die Fed weiterzureichen, wenn das Wirtschaftswachstum den Bach runtergeht?
Warum sollte der Fed-Vorsitzende auf jeden Fall daran erinnert werden müssen, dass er unabhängig ist, abgesehen davon, dass seine Wiederernennung ins Haus steht?
Die wichtigsten US-Aktienindizes fielen am Montag querbeet um 1,5 bis 2,1%, erholten sich am Dienstag jedoch wieder.
Gleichzeitig fiel die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe unter 1,2% auf etwa 1,18% und erreichte damit ihren niedrigsten Stand in fünf Monaten, bevor sie sich im Dienstagshandel wieder erholte.
Der Ausverkauf von Aktien und die Rallye am Rentenmarkt waren auch nicht nur auf die USA beschränkt. Der deutsche DAX verlor mehr als 2,5%, während der Euro Stoxx 50 der führenden Aktien der Eurozone noch stärker abrutschte.
Die Rendite der 10-jährigen deutschen Bundesanleihe, die als Benchmark für die Eurozone fungiert, fiel von minus 0,30% am Freitag um 10 Basispunkte nach unten. Sogar die Rendite der französischen 10-Jahresanleihe, die schon am Freitag in den negativen Bereich gefallen war, ging weiter zurück und pendelte sich im späten Handel in der Nähe von minus 0,05% ein.
Politisches Gerangel gut für Anleihen
Deutschland wurde letzte Woche von katastrophalen Überschwemmungen verwüstet, die mehr als 180 Leben forderten und mehr als tausend Krankenhauseinlieferungen notwendig machten.
Die politischen Nachbeben könnten gravierend sein und die Schuldzuweisungen haben bereits begonnen. Oppositionspolitiker fordern den Rücktritt des christdemokratischen Bundesinnenministers Horst Seehofer wegen Nichtbeachtung der Hochwasserprognosen. Der wiederum macht die Lokalbehörden verantwortlich, die im föderalen System Deutschlands für die Anordnung von Evakuierungen und anderen Schutzmaßnahmen zuständig sind.
Die politischen Turbulenzen wurden durch einen hässlichen Ausrutscher des christdemokratischen Kanzlerkandidaten Armin Laschet verschärft, der im Hintergrund lachend und scherzend gefilmt wurde, während Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Tragödie mit angemessener Würde ansprach.
Die Jahrhundertflut, die zu einem großen Teil auf den Klimawandel zurückgeführt wird, dürfte bei den Bundestagswahlen im September den Grünen Stimmen bringen, nachdem sie in den letzten Umfragen hinter die Christdemokraten zurückgefallen waren. Das bringt für Deutschland seine eigenen Probleme mit sich und die politischen Folgen werden mit Sicherheit lange spürbar sein.
In den USA stellt der Streit im Kongress um zwei separate Ausgabenpakete in Billionenhöhe eine Hürde für die ehrgeizigen Pläne der Biden-Administration dar. Das Schicksal dieser Agenda hat Auswirkungen auf die staatlichen Konjunkturhilfen, aber auch auf die Neuverschuldung, die bei einer Verabschiedung ein für Friedenszeiten beispielloses Niveau erreichen würde.
Die Probleme der Regierung sind, wie die Märkte am Montag gezeigt haben, bärisch für Aktien und bullisch für Staatsanleihen. Der Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, ein Demokrat aus New York, besteht darauf, die Vorlage in dieser Woche dem Plenum zur Abstimmung vorzulegen. Er muss dabei die 60-Stimmen-Schwelle überwinden, damit es nicht zu einem Filibuster kommen kann, aber es ist ungewiss, dass er in der Lage sein wird, die 10 benötigten Stimmen aus den Reihen der Republikaner auf seine Seite zu ziehen.