Wer aktuell Hinterlegungsscheine von russischen Aktien besitzt, hat zuletzt von seiner Bank bzw. seinem Broker eine Information darüber erhalten, dass diese nun in Aktien umgewandelt werden müssen. Das Problem: Der Umtausch war bis zuletzt aufgrund von Sanktionen gegen die russische Verwahrstelle von Wertpapieren gar nicht möglich. Das ändert sich nun. Rechtsanwältin Dr. Magali Kolleck-Feser von der Wirtschaftskanzlei Goldenstein klärt über die Handlungsoptionen betroffener Anleger auf.
Russische DR-Programme werden beendet: Europäischen Anlegern droht der Totalverlust
Außerhalb von Russland sind russische Aktien nur über sogenannte sogenannte Depository Receipts (DRs) handelbar. Das sind Hinterlegungsscheine von Aktien russischer Unternehmen. Im April hat die Duma allerdings ein Gesetz verabschiedet, das viele russische Unternehmen dazu zwingt, ihre DR-Programme in Europa und den USA zu beenden. Dazu zählen unter anderem Gazprom (MCX:GAZP), Magnit, Lukoil (MCX:LKOH), Mobile TeleSystems (MCX:MTSS) und RusHydro (LON:HYDRq).
Betroffene Anleger müssen ihre Hinterlegungsscheine dieser Unternehmen bis zum Auslaufen des jeweiligen DR-Programms in Stammaktien umtauschen. Gelingt der Umtausch nicht, wird das eigene Kreditinstitut versuchen, die bestehenden Investments zu verkaufen. Ob und zu welchem Preis dies in Zukunft möglich ist, steht aktuell jedoch in den Sternen. Im schlimmsten Fall droht deshalb der Totalverlust des eigenen Investments.
Westliche Sanktionen erschweren Umtausch von Hinterlegungsscheinen
Die Frist für den Umtausch von Hinterlegungsscheinen hängt davon ab, wann das DR-Programm des jeweiligen Unternehmens ausläuft. So müssen Magnit-Anleger ihre Hinterlegungsscheine beispielsweise bereits im August 2022 in Aktien umtauschen. Gazprom-Anleger haben hierfür hingegen noch ein Jahr länger Zeit.
Trotz der unterschiedlichen Fristen sollten sich sämtliche betroffenen Anleger mit dem Umtausch ihrer DRs beeilen. Das liegt daran, dass die Umwandlung von Hinterlegungsscheinen in Aktien aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine momentan mit großen Herausforderungen verbunden ist. So hat die EU die russische Verwahrstelle für Wertpapiere mit Sanktionen belegt. Deshalb weigerte sich die europäische Verwahrstelle von Hinterlegungsscheinen bis zuletzt, die Umwandlung von DRs russischer Unternehmen einzuleiten.
Kurzfristige Lösungen für DR-Umwandlung
Bis zum 31. Juli 2022 wird die europäische Verwahrstelle nun jedoch wieder mit ihrem russischen Pendant kooperieren, da die russische Verwahrstelle von Wertpapieren bis zu diesem Tag keine Gebühren mehr für ihre Dienste bezieht. Dadurch agiert die russische Institution nicht mehr aus einem wirtschaftlichen Interesse heraus, weshalb auch westliche Unternehmen und Institutionen wieder mit ihr zusammenarbeiten dürfen.
Darüber hinaus haben Anleger seit Mitte Juli auch die Möglichkeit, die Umwandlung von Hinterlegungsscheinen in russische Aktien ohne Unterstützung des eigenen Kreditinstituts bzw. der europäischen Verwahrstelle für Hinterlegungsscheine durchzuführen. Dies wird zumindest bis zum 12. Oktober 2022 durch ein neues russisches Gesetz ermöglicht. Dafür müssen betroffene Anleger lediglich einen Nachweis über den Besitz dieser Hinterlegungsscheine erbringen. Dies ist beispielsweise in Form eines Depotauszugs möglich.
Depoteröffnung als Herausforderung: Erfahrene Kanzleien helfen
Aktuell haben Anleger also zwei Möglichkeiten, um ihre bestehenden Investments in russische Unternehmen zu sichern. In beiden Fällen ist es jedoch zunächst nötig, ein Aktiendepot zu eröffnen, über das russische Aktien auch gehandelt werden können. Deutsche Broker bieten einen entsprechenden Service allerdings nicht an, weshalb die Depoteröffnung momentan die größte Herausforderung für betroffene Anleger darstellt.
Wer hohe Summen in Russland investiert hat und das eigene Investment retten möchte, sollte sich daher unbedingt juristische Unterstützung suchen. International vernetzte Kanzleien mit Erfahrung im Bereich des Wirtschaftsrechts haben nämlich bereits Lösungen entwickelt, um den Umtausch von Hinterlegungsscheinen russischer Aktien innerhalb der aktuell vorgegebenen Fristen zu ermöglichen. Die Erfolgsaussichten eines Alleingangs in der Sache sind aufgrund der komplexen Lage hingegen nicht allzu gut.