BERLIN (dpa-AFX) - Der Immunologe Michael Meyer-Hermann aus dem Corona-Expertenrat der Bundesregierung sieht Anlass zur Hoffnung in der Omikron-Welle, mahnt aber zu maßvollen Lockerungen. "Es ist Licht am Ende des Tunnels", sagte der Leiter der Abteilung System Immunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig am Freitag in Berlin. Im europäischen Vergleich komme Deutschland recht gut durch die Pandemie: So verzeichne die Bundesrepublik derzeit etwa 1400 Tote pro eine Million Menschen, was "eine erschreckend hohe Zahl" sei. In anderen europäischen Ländern liege die Zahl aber bei 2200. Südkorea allerdings habe nur 140 auf eine Million.
Meyer-Herrmann wies darauf hin, dass die Lage noch sehr fragil und deswegen bei Lockerungen ein maßvolles und stufenweises Vorgehen wichtig ist. "Wir sind in einer Situation, wo wir einen Rohrbruch versuchen zu kontrollieren. Wir halten die Hand drauf", sagte er und bezog sich dabei auf die Schutzmaßnahmen wie die Maskenpflicht. "Es ist natürlich nicht so eine gute Idee, die Hand wegzunehmen, bevor man den Haupthahn abgedreht hat."
Um in eine endemische Lage zu kommen, müsse eine gewisse Grundimmunität erreicht werden, für die die Impfungen der entscheidende Faktor seien, so der Wissenschaftler. Er gehe davon aus, dass sich angesichts der Lockerungen vermehrt die Ungeimpften anstecken würden. Entsprechend sei bei ihnen vermehrt mit Todesfällen zu rechnen und schweren Verläufen, "die auch nicht lustig sind".
Meyer-Herrmann warnte zudem vor dem Trugschluss, sich von einer Omikron-Infektion eine Immunisierung zu erwarten. Wer eine Omikron-Infektion überstanden habe, aber ungeimpft sei, habe einen geringen Schutz vor anderen Corona-Varianten wie Delta.