ROUNDUP/Faktencheck: Russlands Aussagen zu Leichen medizinisch nicht haltbar

dpa-AFX

Veröffentlicht am 06.04.2022 18:30

Aktualisiert 06.04.2022 18:45

(neu: letzter Absatz konkretisiert)

BERLIN/KIEW (dpa-AFX) - Die Gräueltaten in der ukrainischen Kleinstadt Butscha haben weltweit für Kritik an Russland gesorgt. Die russische Regierung hält dagegen: Die Bilder seien eine "Inszenierung" und "Provokation" der Ukraine. Zeitlich könne Russland gar nicht für die Taten verantwortlich sein.

Behauptung: Der Zustand der Leichen beweise, dass die Toten erst in Butscha lagen, nachdem russische Soldaten die Stadt schon verlassen hatten.

Bewertung: Falsch.

Fakten: Russlands Verteidigungsministerium stellt verschiedene Behauptungen über die Bilder und die zeitlichen Abläufe in Butscha auf. So heißt es, dass auf den Aufnahmen Leichenflecken fehlen würden und keine Leichenstarre erkennbar sei. Das hätte demnach aber der Fall sein müssen bei einer russischen Täterschaft, denn zwischen dem russischen Abzug und dem Auffinden seien mindestens vier Tage vergangen.

Doch erste Aufnahmen aus der Jablunska-Straße in Butscha kursierten in den sozialen Netzwerken schon am 1. April. Russland behauptet, die Stadt am 30. März verlassen zu haben. Es gibt aber auch Berichte, wonach es in der Stadt noch am 1. April Kämpfe gegeben hat. So oder so liegen weniger als vier Tage zwischen dem Abzug und den ersten Aufnahmen.

Zudem widerspricht ein Experte den Behauptungen über Leichenflecken und Leichenstarre. Leichenflecken entstehen laut Benjamin Ondruschka, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) an den Körperpartien, die sich zum Zeitpunkt des Todes unten befinden. Liegt also ein Mensch auf dem Rücken, wenn er stirbt, dann bilden sich dort Leichenflecken - und nicht etwa auf dem Gesicht, das man in den Videos häufig erkennen kann.

Ondruschka hat auf Bitten der Deutsche Presse-Agentur Aufnahmen aus Butscha analysiert. Auch die Behauptung der angeblich fehlenden Leichenstarre entbehrt laut seiner Einschätzung medizinischer Logik: "Leichenstarre sieht man nicht ohne Weiteres, die kann man nur am Leichnam untersuchen." Wenn ein Toter nicht bewegt werde, ändere sich auch sehr lange die Lage eines Leichnams nicht. Es sei durchaus möglich, dass eine Leiche unter den örtlichen Witterungsbedingungen nach mindestens zwei Wochen so aussehe.

Mehrere hochauflösende Satellitenbilder des US-Dienstes Maxar, die dpa vorliegen, zeigen: Viele der Leichen lagen schon mindestens seit dem 18. März an genau jenen Stellen entlang der Straße in Butscha, wo sie später gefunden wurden. Zuerst hatte die "New York Times" über die Satellitenfotos berichtet.

Es gibt zudem mindestens ein Video, das eine Tötung in Butscha zeigt. Auf einer Drohnenaufnahme ist ein Fahrradfahrer zu sehen, der in eine Straße einbiegt, wo mutmaßlich russische Panzer stehen. Dann wird von dort geschossen. Das Video ist bereits in den ersten Kriegswochen entstanden, wie Vergleiche mit weiteren Aufnahmen aus Butscha zeigen. Die russische Invasion in die Ukraine begann am 24. Februar. Ein weiteres Video von derselben Stelle zeigt Anfang April einen getöteten Radfahrer. Zuerst hatten die "New York Times" und das Recherchenetzwerk Bellingcat über diesen Fall berichtet.

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden

Russland verbreitet seit Bekanntwerden der Gräueltaten in Butscha immer wieder falsche oder unbelegte Behauptungen, die sich zum Teil widersprechen. So hatte das russische Verteidigungsministerium zuvor schon in Verbindung mit einem aus einem Fahrzeug heraus aufgenommenen Video behauptet, zwei Leichen auf einer Straße der Stadt hätten sich bewegt. Auch das ist falsch. Bei der Analyse dieses weit verbreiteten Clips fanden dpa-Faktenchecker heraus, dass die vermeintlichen Bewegungen der Körper in Wahrheit ein Wassertropfen auf der Fensterscheibe des Autos und Verzerrungen im Rückspiegel waren.

Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.

Abmelden
Sind Sie sicher, dass Sie sich abmelden möchten?
NeinJa
AbbrechenJa
Veränderung wird gespeichert