Putin warnt vor globalem "Chaos" bei erneutem Syrien-Beschuss

Reuters

Veröffentlicht am 16.04.2018 06:50

Putin warnt vor globalem "Chaos" bei erneutem Syrien-Beschuss

- von Jack Stubbs und Laila Bassam

Moskau/Damaskus/Washington/Berlin (Reuters) - Trotz der militärischen Zurückhaltung Russlands nach dem Beschuss von Zielen in Syrien durch die USA, Frankreich und Großbritannien zeichnet sich kein Ende der Spannungen zwischen dem Westen und Moskau ab.

Russland Präsident Wladimir Putin warnte am Sonntag dem Kreml zufolge nach einem Telefonat mit seinem iranischen Amtskollegen Hassan Ruhani, sollte die Charta der Vereinten Nationen weiter gebrochen werden, "wird dies unvermeidlich zum Chaos in den internationalen Beziehungen führen". Die amerikanische UN-Botschafterin Nikky Haley kündigte neue US-Sanktionen gegen Russland wegen dessen Unterstützung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad an. Dabei sollten Firmen bestraft werden, die Ausrüstung an Assad verkauften und mit Chemiewaffen zu tun hätten.

Putins Warnung waren moderate Worte des stellvertretenden russischen Außenministers Sergej Rjabkow vorausgegangen. Ryabkow hatte erklärt, auch Moskau sei an einer Zusammenarbeit mit den USA interessiert. Ähnlich äußerte sich Wladimir Ermakow, der Chef der Abteilung für Rüstungskontrolle im Außenministerium. Es bestehe Grund zu der Annahme, dass die Amerikaner nun an Gesprächen interessiert seien, sagte er der Agentur Interfax.

US-Präsident Donald Trump hatte am Samstag signalisiert, zunächst seien keine weiteren Militärschläge in Syrien geplant. Indes drohte UN-Botschafterin Haley, Trump habe ihr für den Fall einer neuen Giftgas-Attacke gesagt, die USA seien "schussbereit". Direkte Gespräche der USA mit Assad schloss sie am Sonntag aus. Syrien habe sich bislang internationalen Verhandlungen als Teil eines von den UN angestoßenen politischen Prozesses verweigert. Nun solle Russland Syrien an den Verhandlungstisch "liefern". Syrien sei direkte Gespräche mit den USA "nicht wert".

"RUSSLAND MUSS DRUCK AUF ASSAD AUSÜBEN"

Frankreichs UN-Botschafter François Delattre sagte, nötig sei eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, mit der das syrische Problem dauerhaft gelöst werden könne. "Frankreich arbeitet mit allen Mitglieder des Sicherheitsrates auf dieses Ziel hin." Außenminister Jean-Yves le Drian erklärte, hoffentlich verstehe Moskau nun, dass die Anstrengung für einen politischen Prozess in Syrien verstärkt werden müsse. Dies werde von Assad aber blockiert. Deshalb müsse Russland Druck auf ihn ausüben.

Bundesaußenminister Heiko Maas erwägt indes eine Lösung ohne die UN. Zwar müsste sich eigentlich jeder Lösungsversuch unter deren Dach abspielen, sagte er in der ARD. Das habe aber nicht funktioniert, weil man "von den Russen blockiert" worden sei. Daher werde jetzt einem anderen Format gesucht mit Staaten, die sich mit dem Thema ohnehin beschäftigt hätten, um einen neuen Weg zu beschreiten. Maas wollte sich nicht festlegen, ob auch Russland daran beteiligt werden sollte. Er räumte aber ein, ein Frieden in Syrien ohne Moskaus Einbeziehung sei nicht möglich.

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Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz brachte eine Wiederaufnahme der Syrien-Friedensgespräche von 2015 in Wien ins Gespräch. Damals waren 20 unterschiedliche Gruppen eingebunden.

Maas hatte bereits zuvor erklärt, in einem ersten Schritt müsse ein Waffenstillstand in Syrien erreicht werden. Anschließend müsse eine dauerhafte Lösung ausgehandelt werden.

Der Westen will die Aufnahme von Friedensverhandlungen mit moderaten oppositionellen Kräften, an dessen Ende auch ein Amtsverzicht Assads stehen könnte. Russland und Iran halten aber an Assad fest. Dieser sieht in seinen Gegnern "Terroristen", mit denen er keine Verhandlungen führen will. Zudem haben Assads Truppen seit der Unterstützung durch die russische Luftwaffe und vom Iran gesteuerter Milizen militärische Erfolge erzielt.

105 RAKETEN

Die USA, Großbritannien und Frankreich hatten in der Nacht zum Samstag nach eigenen Angaben 105 Raketen auf mutmaßliche Chemiewaffen-Anlagen in Syrien abgefeuert. Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte den Luftschlag. Auch alle Nato-Partner billigten die Aktion. Die Attacke hatte weltweit Sorgen vor einer direkten Konfrontation zwischen den USA und Russland ausgelöst. Allerdings hatte Russland nicht militärisch reagiert.