Juraprofessor Conte soll Italiens Regierungschef werden

Reuters

Veröffentlicht am 21.05.2018 20:50

Aktualisiert 21.05.2018 21:00

Juraprofessor Conte soll Italiens Regierungschef werden

- von Gavin Jones und Steve Scherer

Rom (Reuters) - Die beiden potenziellen Koalitionspartner in Italien wollen ihre neue Regierung von einem Juraprofessor ohne politische Erfahrung leiten lassen.

Die populistische 5-Sterne-Partei präsentierte am Montag den 54-jährigen Giuseppe Conte als Kandidaten. Der Jurist, der an der Universität Florenz lehrt, war bisher auch den meisten Italienern unbekannt. Um ins Amt zu kommen, benötigt er aber der Zustimmung von Präsident Sergio Mattarella. Aus dessen Umfeld verlautete, der Staatschef benötige noch Zeit für eine Entscheidung. 5-Sterne-Chef Luigi Di Maio sagte nach einem Treffen mit Mattarella: "Ich bin auf diese Entscheidung sehr stolz." An den Finanzmärkten sorgte die Aussicht auf ein Bündnis der populistischen Bewegungen erneut für Verluste.

Lega-Chef Matteo Salvini erklärte, man habe sich auf eine annehmbare Person mit tadelloser beruflicher Erfahrung geeinigt. Den Juraprofessor Conte nannte er allerdings nicht beim Namen. Der Wahlsieger 5 Sterne und die drittplazierte Lega hatten zehn Tage lang über ein Regierungsprogramm verhandelt. Di Maio und Salvini wollten verhindern, dass der jeweils andere Regierungschef wird, weil die unterlegene Partei dann Juniorpartner gewesen wäre.

Dass ein nicht gewählter Experte die Regierung leitet, ist in Italien nicht ungewöhnlich. Angestoßen wurde dieses Modell aber in der Vergangenheit durch den Präsidenten, um das Land aus einer Krise zu führen. Die Ministerpräsidenten suchten sich dann ihre Kabinettsmitglieder aus und setzten eigene Themen.

5 Sterne und Lega planen für das Euro-Land höhere Sozialausgaben, Steuersenkungen und eine Rücknahme der Rentenreform. Das würde viele Milliarden Euro kosten. Vertreter anderer Euro-Staaten und der EU-Kommission sind daher in Sorge. Auch an den Finanzmärkten herrscht Unruhe. Am Montag stieg der Risikoaufschlag, den Investoren für italienische Staatsanleihen im Vergleich zu deutschen verlangen, auf den höchsten Stand seit Juni 2017. Die Mailänder Aktienbörse gab um 1,5 Prozent nach.

Italien hat im Vergleich zur eigenen Wirtschaftsleistung einen Schuldenberg von 130 Prozent. Dieser Wert wird in der Euro-Zone nur von Griechenland übertroffen, das mit Milliardenpaketen der anderen Mitgliedsländer vor der Pleite gerettet wurde. Salvini sagte am Montag, man müsse die neue Regierung nicht fürchten. Ziel sei es, dass Wirtschaftswachstum anzukurbeln, um so die Verschuldung zu senken.