Terrorzelle soll Anschläge in Spanien geplant haben

Reuters

Veröffentlicht am 18.08.2017 16:16

Terrorzelle soll Anschläge in Spanien geplant haben

- von Andrés González und Angus Berwick und Carlos Ruano

Barcelona (Reuters) - Hinter den Anschlägen in Barcelona und im Küstenort Cambrils mit mindestens 14 Toten und 130 Verletzten vermuten die Sicherheitsbehörden offenbar eine bis zu zwölfköpfige Terrorzelle.

Bis Freitagmittag nahm die Polizei vier Verdächtige im Zusammenhang mit den Angriffen fest, die die Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) für sich reklamierte. In den frühen Morgenstunden erschoss die Polizei fünf Männer in Cambrils 120 Kilometer südlich von Barcelona. Es sei nicht auszuschließen, dass unter ihnen auch der Fahrer des Kleintransporters war, der am Donnerstag Dutzende Menschen auf der Flaniermeile Las Ramblas im Zentrum Barcelonas umgefahren hatte. Gewiss sei dies jedoch nicht, teilte die Polizei mit. Zahlreiche ausländische Touristen zählen zu den Opfern. 13 Deutsche wurden nach Angaben des Auswärtigen Amts verletzt, einige von ihnen so schwer, dass sie um ihr Leben fürchten mussten. Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte den Anschlag. Spaniens Ministerpräsident Manuel Rajoy, König Felipe und Tausende Trauernde gedachten der Opfer in einer Schweigeminute auf der Placa Catalunya, von wo aus der Attentäter im Zick-Zack-Kurs über die Las Ramblas gerast sein soll.

Die Fahndung nach Verdächtigen lief auf Hochtouren. Unter den vier Festgenommenen befanden drei Marokkaner und ein Spanier, wie die Polizei mitteilte. Keiner der 21- bis 34-Jährigen sei bislang im Zusammenhang mit Terrorismus in Erscheinung getreten. Die getöteten Angreifer in Cambrils hätten versucht, Touristen umzufahren. Ihr Auto habe sich überschlagen. Daraufhin hätten einige der Insassen auf Menschen eingestochen. Eine Spanierin sei getötet worden, mehrere andere Menschen und ein Polizist erlitten Verletzungen. Gefundene Sprengstoffgürtel erwiesen sich als Attrappen, als sie kontrolliert gesprengt wurden.

In Justizkreisen hieß es, die Ermittler gingen davon aus, dass womöglich eine Terrorzelle für die Anschläge verantwortlich sei. Sie habe vorgehabt, Gaskanister bei den Angriffen einzusetzen. Die Anschläge seien von Alcanar aus vorbereitet worden, teilte die Polizei mit. In dem Ort südlich von Barcelona und Cambrils kam demnach bereits am Mittwoch kurz vor Mitternacht ein Mensch bei einer Explosion in einem Haus ums Leben. Bewohner des Hauses in der Kleinstadt hätten Sprengstoff vorbereitet, hieß es aus Sicherheitskreisen.

Ein Toter sei zudem in einem Auto gefunden worden, dass in einen Polizeikontrollposten in Barcelona gefahren sei. Unklar war, ob ein Zusammenhang zu dem Fahrer des Vans bestand, der über die Las Ramblas gerast war. Er war zu Fuß geflüchtet. Außerhalb von Barcelona wurde im Zusammenhang mit den Ermittlungen nach Behördenangaben ein Kleintransporter gefunden. Spanischen Medien zufolge soll ein zweiter Van als Fluchtfahrzeug eingesetzt worden sein.

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OPFER AUS 24 LÄNDERN

Die Opfer des Anschlags in Barcelona stammten nach Angaben der Regierung Kataloniens aus 24 verschiedenen Ländern. Zwei der 13 Toten seien aus Italien, einer aus Belgien, wie die Außenministerien der beiden Länder mitteilten. Das ZDF berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, drei Deutsche seien ums Leben gekommen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte in Berlin, er könne dies nicht bestätigen, aber es sei nicht auszuschließen, dass Deutsche ums Leben gekommen seien. Zu den verletzten zählten nach Angaben des Außenministeriums in Paris 26 Franzosen. Auch Australier und Briten zählten zu den Opfern. Premierministerin Theresa May sagte, Bericht über ein vermisstes britisches Kind würden geprüft. Spanische Medien berichteten, mehrere Kinder seien getötet worden.

Die spanische Regierung ordnete drei Tage Staatstrauer an. Am Freitagvormittag trauten sich derweil die ersten Menschen wieder zurück auf die Flaniermeile Las Ramblas. Anwohner führten ihre Hunde spazieren und neugierige Touristen sowie Kamerateams waren zu sehen. Einige Bereiche waren abgesperrt. "Ich denke, das Beste, was man tun kann, ist weitermachen. Jeden Tag machen, was man machen muss", sagte Sebastiano Palumbo, ein italienischer Architekt, der in Barcelona arbeitet.

Das IS-Internet-Sprachrohr Amak erklärte, die Angreifer hätten die Operation als Antwort auf den Ruf der Extremisten-Miliz ausgeführt, Ziele in den Ländern der Anti-IS-Koalition ins Visier zu nehmen. Zu der von US-Streitkräften angeführten Koalition gegen die sunnitische Miliz in Syrien und dem Irak gehören auch mehrere hundert spanische Soldaten. Sie bilden irakische Soldaten aus, die gegen den IS kämpfen.