Aufschwung beschert Staat Rekord-Haushaltsüberschuss

Reuters

Veröffentlicht am 24.08.2016 16:25

Aufschwung beschert Staat Rekord-Haushaltsüberschuss

- von Rene Wagner und Matthias Sobolewski und Gernot Heller

Berlin (Reuters) - Die stabile Konjunktur, der boomende Arbeitsmarkt und sinkende Zinskosten haben dem deutschen Staat einen Rekordüberschuss im Haushalt beschert.

Bund, Länder, Kommunen und Sozialkassen nahmen in den ersten sechs Monaten insgesamt 18,5 Milliarden Euro mehr ein als sie ausgaben. Einen so hohen Überschuss zur Jahresmitte gab es nach der Wiedervereinigung noch nie, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das Plus entspricht 1,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). In Politik und Wirtschaft werden angesichts der Zwischenbilanz die Rufe nach mehr Investitionen und Steuersenkungen lauter. Das Bundesfinanzministerium tritt dagegen wegen zusätzlicher Milliardenausgaben - vor allem für die Integration von Flüchtlingen - auf die Bremse.

"Es ist jetzt in der Mitte des Jahres zu früh, über den Abschluss des Haushalts 2016 zu spekulieren", warnte ein Sprecher des Finanzministeriums. Experten gehen davon aus, dass der Staat im Gesamtjahr nach 2014 und 2015 erneut schwarze Zahlen schreiben wird. "Die Einnahmen laufen gut, die Zinskosten sinken weiter", sagte Steuerschätzer Jens Boysen-Hogrefe vom Kieler Institut für Weltwirtschaft der Nachrichtenagentur Reuters: "Auch im Gesamtjahr dürfte es einen Überschuss geben." Er könne aber kleiner ausfallen als 2015 mit rund 22 Milliarden Euro wegen höherer Ausgaben für Flüchtlinge, vor allem für Unterkunft, Verpflegung und Geldleistungen.

Ökonomen empfehlen dem Staat, mehr zu investieren. "Der beträchtliche Überschuss im Staatshaushalt lässt Raum, zum Beispiel bei den staatlichen Investitionen nachzulegen", sagte der Europa-Chevolkswirt der Nordea Bank, Holger Sandte. "Um die Investitionen in einer alternden Gesellschaft anzuschieben, bedarf es der Unterstützung vonseiten der Regierung", so Ökonom Carsten Brzeski von der Großbank ING.

"LEISTUNGSANREIZE SETZEN"

Auch die Opposition fordert, mehr Geld lockerzumachen. "Wir brauchen jetzt eine Investitionsoffensive für den sozial-ökologischen Wandel", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Sven-Christian Kindler, zu Reuters. "Das muss man aber nachhaltig finanzieren und nicht nur auf historisch niedrige Zinsen setzen." So könne der Investitionsspielraum für die Infrastruktur und Soziales durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen um zwölf Milliarden Euro erhöht werden.