The Motley Fool
Veröffentlicht am 12.11.2021 08:43
Aktualisiert 12.11.2021 09:06
Was hat Rivian, das Daimler nicht hat?
Rivian Automotive (NASDAQ:RIVN)(WKN: A3C47B) hat einen gewaltigen Börsenstart hingelegt und ist nun etwa gleich viel wert wie Daimler (DE:DAIGn) (WKN: 710000). Zum jetzigen Stand wird sie nächsten Monat sogar die Marktkapitalisierung der künftigen Mercedes-Benz Group AG übertreffen. Da drängt sich zwangsläufig die Frage auf, worauf der Vorsprung von Rivian basiert. Mercedes-Benz legt vor.
Das alles steckt in Mercedes-Benz Zuallererst steckt in Mercedes (DE:DAIGn) der berühmte Dreizack-Stern, laut Interbrand die wertvollste Luxusmarke der Welt. Damit verbunden ist der Mythos S-Klasse, der Inbegriff des seriengefertigten Luxus auf Rädern, der kürzlich den elektrischen EQS zur Seite gestellt bekommen hat. Beide erfreuen sich aktuell guter Nachfrage und versprechen lukrative Margen.
Daneben deckt Mercedes viele Segmente ab, bis runter zu den Kompaktmodellen der A-Klasse. Und zusammen mit der Geely (HK:0175) Holding wird kommendes Jahr ein neues Kapitel der Marke Smart geschrieben.
Mercedes verfügt auch über eine starke Software- und Elektronikentwicklung, umfassende Aggregrateproduktion (einschließlich den übernommenen Yasa-Axialflussmotoren) und ein globales Batterie-Produktionsnetzwerk, ergänzt um eine Beteiligung am chinesischen Batteriehersteller Farasis und das kürzlich übernommene Drittel an der deutsch-französischen Automotive Cells Company.
Was Batteriezellen der nächsten Generation angeht, verfügen die Stuttgarter über ein ambitioniertes Zellchemie-Portfolio. Dazu gehören strategische Partnerschaften mit aussichtsreichen Spezialisten wie Sila Nanotechnologies und Hydro-Québec sowie intern entwickelte grafenbasierte organische Zellen und weitere interessante Initiativen.
Stark ist auch die weltweit präsente Daimler Mobility mit ihren über 5 Mio. Finanzierungsverträgen. Sie bietet daneben Flottenmanagement und Mietwagenverleih sowie Zahlungsdienstleistungen über Mercedes Pay. Zu ihren Beteiligungen gehört außerdem eine Reihe von digital getriebenen Mobilitätsdiensten sowie die Gebrauchtwagenbörse Heycar.
Weiterhin besitzt der Konzern wertvolle Anteile an diversen Technologieunternehmen, darunter
Zu guter Letzt zählt die Sparte Mercedes-Benz Vans zu den größten Herstellern von Großraum-Limousinen und Transportern. Mit dem kommenden eCitan wird es in allen Klassen vollelektrische Modelle geben. Nur wenn es um die bei Amerikanern so geliebten Pick-ups geht, muss Mercedes passen, seit die X-Klasse 2020 eingestellt wurde.
Womit Rivian punkten kann Rivian auf der anderen Seite ist mit seinem innovativen Pick-up-Modell bekannt geworden. Dass der Elektroautobauer in die vermeintliche Lücke stößt, die Mercedes lässt, dürfte allerdings kaum die hohe Bewertung erklären.
Klar ist jedoch, dass Rivian keine Transformation vom Verbrenner zum Elektroantrieb bewältigen muss und somit voll durchstarten kann. Und von vielen anderen Elektroautobauern hebt sich das noch junge Unternehmen dadurch ab, dass es von Anfang an weite Teile der Wertschöpfungskette der Elektromobilität abdecken will. Ähnlich wie Mercedes bietet es Finanzdienstleistungen, Flottenmanagement und Ladelösungen. Außerdem will es eine eigene Batteriefertigung hochziehen.
Und die Kriegskasse ist durch die Rückendeckung von finanzstarken Partnern und den milliardenschweren Börsengang prall gefüllt. Wird noch mehr Kapital gebraucht, dann lassen sich mit geringer Verwässerung weitere Milliarden eintreiben . Auf diese Weise kann Rivian zügig seine weltweite Präsenz aufbauen sowie seine Produktpalette und vertikale Integration ausbauen. Mit dem Vorstoß in das Transportersegment mit dem EDV greift Rivian Mercedes-Benz Vans sogar frontal an.
Das ist nicht genug Was genau den EDV gegenüber dem eSpringer auszeichnet, bleibt jedoch unklar, zumal das wichtige Servicenetzwerk zunächst noch schwach aufgestellt ist. Rivian behauptet, besonders niedrige Lebenszykluskosten zu bieten, und verweist auf hohen Nutzungskomfort. Großkunde Amazon (NASDAQ:AMZN) (WKN: 906866) fährt mehrgleisig und hat auch bei Mercedes bestellt.
Wenn alles nach den Wünschen des Rivian-Managements verläuft, dann wird das Unternehmen im Jahr 2025 etwa 400.000 Fahrzeuge zum Stückpreis von vielleicht 80.000 US-Dollar verkaufen. Daraus würde ein Umsatz von 32 Mrd. US-Dollar resultieren.
Für Daimler werden im laufenden Geschäftsjahr etwa 168 Mrd. Euro erwartet, was einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von 0,55 entspricht (Stand: 10.11.). Mit dem gleichen KUV wäre Rivian also selbst 2025 gerade einmal 15 Mrd. Euro wert.
Natürlich gibt es gute Gründe, bei Rivian ein wesentlich höheres KUV anzusetzen, da es hochdynamisch unterwegs ist und mit spannenden Innovationen aufwarten kann. Damit die heutigen Kurse jenseits von 100 US-Dollar Sinn ergeben, müssen wir allerdings mit einem 2025er-KUV von mindestens 5 rechnen. Dafür brauchen wir schon ein äußerst positives Szenario.
Aber als seriöse Investoren müssen wir auch die Risiken einkalkulieren. Fast alles, was Mercedes heute schon längst hat, muss Rivian in Hunderten Initiativen aufbauen. Dabei muss das Management immer wieder schwierige Entscheidungen treffen, egal ob es um strategische Partner, die Internationalisierung, das Design oder die Batteriechemie geht. Jeder Fehltritt könnte sehr schmerzhaft werden.
Was hat also Rivian, das Mercedes nicht hat? Ein schickes Pick-up-Modell und ein visionäres Management mit übersteigertem (?) Selbstvertrauen. Daimlers pragmatisches Management kann dieses Jahr mit einem operativen Gewinn von 18 Mrd. Euro rechnen.
Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. John Mackey, CEO von Amazon-Tochter Whole Foods Market, sitzt im Board of Directors von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Amazon und empfiehlt die folgenden Optionen: Long January 2022 $1920 Call auf Amazon und Short January 2022 $1940 Call auf Amazon.
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Dieser Artikel erschien zuerst auf The Motley Fool
Geschrieben von: The Motley Fool
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