Reuters
Veröffentlicht am 22.02.2019 16:53
Volkswagen trotzt der Dieselkrise - Gewinn und Dividende steigt
- von Jan Schwartz
Hamburg (Reuters) - Volkswagen (DE:VOWG) hat den Gewinn trotz der Turbulenzen durch die schärferen Abgasmessregeln überraschend gesteigert und hebt die Dividende an.
Das operative Ergebnis kletterte leicht auf 13,9 Milliarden Euro von 13,8 Milliarden im vorangegangenen Jahr, wie Volkswagen am Freitag im Anschluss an eine Aufsichtsratssitzung mitteilte. "Wir haben uns 2018 ordentlich geschlagen, gerade vor dem Hintergrund der WLTP-Umstellung, die zu erheblichen Verwerfungen in unserer Absatzentwicklung geführt hat", sagte Konzernchef Herbert Diess. Der Gegenwind in wichtigen Märkten dürfte 2019 nochmals stärker werden.
Die Rendite vor Sondereinflüssen lag bei 7,3 (Vorjahr: 7,4) Prozent nahe dem oberen Ende der von Volkswagen prognostizierten Spanne von 6,5 bis 7,5 Prozent. Der Konzernumsatz kletterte um 6,3 Milliarden auf knapp 236 Milliarden Euro. Weltweit lieferte Volkswagen 10,8 Millionen Fahrzeuge an Kunden aus, ein leichtes Plus zum Vorjahr.
Die Stammaktionäre, darunter als größte die Familien Porsche (DE:PSHG_p) und Piech, das Land Niedersachsen und das Emirat Katar, sollen eine Dividende von 4,80 Euro je Aktie erhalten. An die Vorzugsaktionäre sollen 4,86 Euro je Anteilschein fließen. Für 2017 waren es jeweils 90 Cent weniger.
Für das laufende Jahr gibt sich der Vorstand vorsichtig optimistisch und stellt ein leichtes Absatzplus in Aussicht. Der Umsatz soll um bis zu fünf Prozent steigen, und bei der operativen Rendite peilt Volkswagen vor Sondereffekten wieder einen Wert zwischen 6,5 und 7,5 Prozent an. "Insgesamt werden aber erhebliche Anstrengungen notwendig sein, um auch im neuen Geschäftsjahr unsere ambitionierten Ziele zu erreichen", sagte Diess.
VW PROFITIERT VON SPARKURS
Mit dem Erreichen der Ziele im abgelaufenen Jahr erweist sich der weltgrößte Autobauer als stabiler als seine Konkurrenten Daimler (DE:DAIGn) und BMW (DE:BMWG), die ihre Ziele für das vergangene Jahr korrigieren mussten. Die Wolfsburger profitieren stärker von ihrer Baukastenstrategie, bei der immer mehr Fahrzeugmodelle gleiche Bauteile verwenden und die Kosten dadurch sinken. Zudem greift der vor zwei Jahren mit dem Betriebsrat vereinbarte Sparkurs. Im Zuge des "Zukunftspakts" sollen bis 2020 netto 14.000 Stellen durch Vorruhestandsregelungen abgebaut werden. In einer weiteren Sparrunde fallen in Emden und Hannover durch den Umbau zu Elektrostandorten 7000 Arbeitsplätze weg.
Inzwischen ist sogar von einem weitergehenden Personalabbau die Rede, weil durch den Schwenk in die Elektromobilität auch in anderen Werken weniger Arbeit anfällt. Auch in der Verwaltung sind Tausende Jobs gefährdet. Die Pläne sollen so umfassend sein, dass dies mit einem sozialverträglichen Stellenabbau kaum mehr zu schaffen sei, heißt es aus Arbeitnehmerkreisen. Sollte dies der Fall sein, könnte ein neuer Konflikt mit dem einflussreichen Betriebsrat bevorstehen.
DAS ENDE DES VERBRENNERS VOR AUGEN
Vorstandschef Diess will Volkswagen in den nächsten Jahren zu einem Anbieter umweltverträglicher Mobilität und selbstfahrenden Autos umbauen und setzt alles auf die Karte Elektromobilität. Dafür investiert der Konzern binnen fünf Jahren 44 Milliarden Euro. Die Weichen werden in diesem Jahr mit dem Elektroauto ID gestellt, der Ende des Jahres in Zwickau vom Band rollen soll. Danach soll es Zug um Zug gehen. Bis 2025 will Volkswagen nach früheren Angaben bis zu drei Millionen Elektroautos im Jahr bauen und zahlreiche elektrische Modelle auf den Markt bringen. Grund für den radikalen Schwenk ist die von VW selbst verursachte Dieselkrise. Den letzten Anstoß aber gaben im November die strengeren CO2-Ziele der EU, die die gesamte Branche unter Zugzwang setzen. Die Wolfsburger gehen nun voran und bekennen sich öffentlich zum Pariser Klimaabkommen. Um die Erderwärmung zu bremsen, soll ab dem Jahr 2050 die gesamte Fahrzeugflotte CO2-neutral unterwegs sein. Das bedeutet, dass VW ab 2026 keine Verbrennungsmotoren mehr entwickeln will.
Auch die Konkurrenz schläft nicht: BMW und Daimler verbünden sich bereits bei Mobilitätsdiensten wie Carsharing, dem Vermitteln von Fahr-, Park- und Ladediensten sowie den dazu nötigen Bezahlsystemen. Ziel ist, einen weltweit führenden Anbieter zu schaffen, um Anbietern wie Uber Paroli zu bieten. Weitere Angebote bis hin zu autonomen Autos oder gar Lufttaxis könnten künftig dazukommen.
Das Geld für den größten Umbau in der Konzerngeschichte will sich Volkswagen selbst erarbeiten - durch milliardenschwere Sparprogramme bei jeder einzelnen Marke. Die Kosten sollen auch dadurch gesenkt werden, dass Volkswagen die Produktion von Fahrzeugen mit gleicher Plattform in Werken zusammenlegt. Gleichzeitig wird die Aufarbeitung der selbstverschuldeten Diesel-Krise die Bilanz auch in diesem und im nächsten Jahr noch belasten. Dennoch hält der Konzern an seinem Ziel fest, die Etragskraft zu steigern. Die Elektroautos sollen von Anfang an Gewinn abwerfen.
Geschrieben von: Reuters
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