Totgesagte leben länger - Thyssens Puls schlägt noch aus Stahl

Reuters

Veröffentlicht am 12.07.2019 09:57

Totgesagte leben länger - Thyssens Puls schlägt noch aus Stahl

- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz

Düsseldorf (Reuters) - Vom Abstellgleis zurück ins Zentrum des Geschehens: Nach dem Aus für das Joint Venture mit Tata Steel wird die vom Vorstand zuletzt ungeliebte Stahlsparte bei Thyssenkrupp (DE:TKAG) wieder eine größere Rolle spielen.

"Die anderen Bereiche haben, mit Ausnahme der Aufzüge, nicht so eine Marktposition", erläutert Michael Muders, Portfoliomanager bei der Fondsgesellschaft Union Investment, in einem am Donnerstag veröffentlichten Reuters-Interview. Wegen der Überkapazitäten in der Branche hält Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff zwar weiter eine Konsolidierung der europäischen Stahlbranche für sinnvoll, größere Zusammenschlüsse haben aber wegen des Widerstands der EU-Wettbewerbshüter kaum Aussicht auf Erfolg. Thyssen müsse die Stahlsparte auf Vordermann bringen, betont Muders. Union zählt zu den 20 größten Aktionären des Konzerns.

"In den anderen Geschäftsbereichen sollte man Partnerschaften suchen oder Verkäufe tätigen", erklärt Muders, der bei Union für die milliardenschweren deutschen Aktienfonds zuständig ist. Thyssenkrupp stellt neben Stahl und Aufzügen auch Anlagen, Autoteile und U-Boote her. "In Deutschland ist eine Fusion im Stahlbereich wohl aus Kartellgründen kaum möglich." Damit wäre Salzgitter aus dem Rennen. Das gleiche gilt wohl für die europäischen Rivalen ArcelorMittal und Voestalpine.

"Es wird wohl im Stahl kurzfristig ein Restrukturierungsprogramm geben", sagt Muders. Vorstandschef Kerkhoff hat dies bereits anklingen lassen: "Ohne das Joint Venture werden wir nun aus eigener Kraft auf die vielfältigen Herausforderungen im Stahlmarkt reagieren müssen, um das Geschäft zukunftssicher aufzustellen." Das - wie im Falle des Joint Ventures - 2000 der 27.000 Jobs in der Stahlsparte wegfallen, ist bereits klar. Stahlbetriebsratschef Tekin Nasikkol hat eine klare Zukunftsstrategie gefordert: "Wir sind jetzt Kerngeschäft. In das muss investiert werden. Reine Restrukturierungspläne und harte Sparprogramme lehnen wir ab."

"AUF EXZELLENZ TRIMMEN"