Morgan Stanley: Märkte sind zu optimistisch

Investing.com

Veröffentlicht am 15.12.2022 08:30

Aktualisiert 15.12.2022 08:53

Investing.com - Trotz der Angst vor einer Rezession, die sich in der tiefen Inversion der Zinsstrukturkurve widerspiegelt, konnte der US-Aktienmarkt bisher einen Großteil seiner jüngsten Erholungsgewinne behaupten. Seit seinen Tiefstständen im Oktober legte der S&P 500 bis gestern um rund 12 Prozent zu und konnte damit seine Verluste seit Jahresbeginn auf 16 Prozent eingrenzen. Mit 3.995 Punkten notiert der US-Leitindex nur knapp unter der psychologisch relevanten 4.000-Punkte-Marke und in Schlagdistanz zu seiner Glättung der letzten 200 Tage (aktuell bei 4.032). Die US-Bank Morgan Stanley (NYSE:MS) sieht nur ein Problem: die Unternehmensgewinne.

Nach Einschätzung von Lisa Shalett, Chefanlagestrategin von Morgan Stanley Wealth Management, bewertet der Markt die Unternehmensgewinne immer noch zu hoch. Der Optimismus der Aktienanleger, der auf der Hoffnung fußt, dass die Fed die Wirtschaft ausreichend verlangsamen kann, um die Inflation zu senken, ohne eine Rezession auszulösen, "spiegelt sich in den Konsensschätzungen für die Unternehmensgewinne im Jahr 2023 wider, die für den S&P 500-Index bei 230 Dollar je Aktie angesiedelt sind", schrieb sie am Montag in einer Mitteilung.

Dem hat Morgan Stanley allerdings etwas entgegenzusetzen: Denn auch ohne Rezession würden die Unternehmensgewinne aufgrund sinkender Absatzzahlen und einer geringeren Preissetzungsmacht sinken, weshalb die US-Bank ihre Gewinnschätzung für 2023 auf 195 Dollar je Aktie gesenkt habe, erklärte die Expertin.

"Unter Berücksichtigung von Faktoren wie dem Einkaufsmanagerindex (PMI), der Zinskurve und der Korrelation zwischen dem Gewinnwachstum und dem Zinserhöhungstempo der Fed gehen wir davon aus, dass das Gewinnwachstum im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr wahrscheinlich deutlich negativ ausfallen wird", schrieb Shalett.

Bei den momentanen Konsensschätzungen von 230 Dollar pro Aktie beträgt das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis für den S&P 500 (Stand aktuell: 3.995 Punkte) 17,4. Nimmt man nun das durchschnittliche KGV in Rezessionsphasen (14,5) und die Gewinnschätzungen von Morgan Stanley, so ergäbe sich daraus ein S&P 500-Stand von etwa 2.830 Punkten.

Morgan Stanley skizziert zwar zwei Szenarien, in denen Corporate America einen Rückgang der Unternehmensgewinne abwenden könnte. Doch diese sind nach Einschätzung der Analystin nicht sehr wahrscheinlich.

Zum einen verweist sie auf Kostensenkungsmaßnahmen der Unternehmen, wie etwa Stellenstreichungen, die einen Umsatzrückgang ausgleichen könnten. Dies sei allerdings ein "zweischneidiges Schwert", so Shalett. "Steigende Arbeitslosigkeit bremst die Verbraucherausgaben - ein wichtiger Motor für das Wirtschaftswachstum - und birgt das Risiko einer harten Landung für die Wirtschaft insgesamt", ergänzte sie.

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden

In dem zweiten Szenario hebt sie die Stärke des US-Arbeitsmarktes hervor, wo die Arbeitslosenquote mit 3,7 Prozent immer noch nahe an einem Rekordtief liegt, sowie die Robustheit der US-Verbraucher, die im Jahr 2023 die Unternehmensgewinne hoch halten könnte. Andererseits aber könnte dies die Fed zu weiteren kräftigen Zinserhöhungen animieren und dafür sorgen, dass die hohen Zinssätze über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden, was wiederum "die Wirtschaft stärker ausbremsen" würde.

Die Fed hat gestern ihren Leitzins um weitere 50 Basispunkte auf die Spanne von nun 4,25 bis 4,50 Prozent angehoben, zugleich aber ihre Prognose für den Zinsgipfel 2023 auf 5,1 Prozent nach oben revidiert. Das sind 50 Basispunkte mehr als in den September-Projektionen. Fed-Chef Jerome Powell sagte auf seiner Pressekonferenz nach der Zinsentscheidung, dass Zinssenkungen im nächsten Jahr kein Thema seien. Der Markt hatte zuvor mit ersten Leitzinssenkungen gegen Ende 2023 gerechnet. "Unser Hauptaugenmerk liegt derzeit darauf, unsere Geldpolitik so zu gestalten, dass sie restriktiv genug ist, um eine Rückkehr der Inflation zu unserem 2-Prozent-Ziel im Laufe der Zeit zu gewährleisten, und nicht auf Zinssenkungen", zitierte Reuters den Fed-Chef.

Von passiven Investments in US-Aktienindizes rät die Expertin von Morgan Stanley ab. Diese sollten Anleger vor Jahresende mit Verlust verkaufen, um vom sogenannten 'Tax Loss Harvesting ' zu profitieren, bei dem aufgelaufene Erträge in langfristige Kursgewinne umgewandelt werden. Stattdessen rät sie zu renditestarken Anlagen wie Staatsanleihen, Kommunalanleihen, Unternehmensanleihen und Master Limited Partnerships (MLPs), aber auch ausgewählte Dividendenaktien, Value-Aktien und REITs könnten interessant sein.

von Robert Zach

Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.

Abmelden
Sind Sie sicher, dass Sie sich abmelden möchten?
NeinJa
AbbrechenJa
Veränderung wird gespeichert