Gazproms Nord Stream 2 jetzt noch zu verbieten könnte ein Eigentor werden

The Motley Fool

Veröffentlicht am 09.09.2020 10:27

Gazproms Nord Stream 2 jetzt noch zu verbieten könnte ein Eigentor werden

Gazprom (MCX:GAZP) (WKN: 903276) und speziell das EU-Projekt Nord Stream 2 werden in diesen Tagen heftig diskutiert. Der Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Nawalny sorgte dafür, dass der Ruf nach Sanktionen lauter geworden ist. Nord Stream 2 könnte dabei ein Mittel sein, um von deutscher und europäischer Seite aus zu reagieren.

Ein Baustopp ist dabei bereits ein Thema gewesen, von dem sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel inzwischen sagt, dass man grundsätzlich alle Optionen in Erwägung ziehen werde. Das sind keine Aussagen, die Investoren optimistisch stimmen.

Eine andere Sichtweise ist jedoch die, wonach sich Deutschland und die EU mit einem Stopp oder Verbot der Fertigstellung von Nord Stream 2 ein Eigentor schießen könnten. Lass uns diese These im Folgenden einmal überprüfen.

Was ein Verbot von Nord Stream 2 bedeutet Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ in diesen Tagen herausgestellt hat, ist es möglicherweise gar nicht so einfach, Nord Stream 2 noch zu kippen. Beziehungsweise die Folgen könnten dafür sorgen, dass es sich hierbei effektiv um ein Eigentor handelt.

Wie die Tageszeitung innerhalb eines Beitrags, der eher auf die Notwendigkeit von Nord Stream 2 abzielte, schreibt, handele es sich hierbei eben nicht bloß um ein Projekt, das nur Gazprom betrifft. Wobei der russische Erdgaskonzern mit einem Anteil von ca. 50 % an dem Projekt beteiligt ist. Die restlichen 50 % verteilen sich allerdings auf europäische Konzerne, unter anderem BASF (DE:BASFN) (mit Wintershall) oder auch Royal Dutch Shell (DE:RDSa), Engie (PA:ENGIE) und Total (PA:TOTF). Für jeden dieser Konzerne stünden rein rechnerisch 950 Mio. Euro auf dem Spiel, wenn wir von einer Gesamtinvestitionssumme von 9,5 Mrd. Euro ausgehen. Das zeigt: Nicht nur Gazprom hat hier etwas zu verlieren.

Ein Verbot könnte außerdem den Weg für Schadenersatzklagen öffnen, was neben dem Schaden bei der europäischen Wirtschaft auch den Fiskus treffen würde. Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ ebenfalls herausgestellt hat, ist die Genehmigungslage eigentlich eindeutig: Nord Stream 2 könnte fertiggestellt werden. Das würde rein rechtlich den Rückzug erschweren.

Des Weiteren bezieht Deutschland rund ein Viertel seines Primärenergiebedarfs aus Erdgas und ist auf die Erdgaslieferungen angewiesen . Mit Nord Stream 1 existiert zwar eine weitere Pipeline, die allerdings auch vom russischen Erdgaskonzern ausgeht. Und Russland ist und bleibt einer der Hauptlieferanten, wenn es um Erdgas geht. All das könnte dazu führen, dass ein Verbot von Nord Stream 2 faktisch ein Eigentor wird, das eben nicht nur die russische Wirtschaft betreffen würde.

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Warum das für Foolishe Investoren wichtig ist In all dem politischen Wirbel rund um Nord Stream 2 zeigen solche Fakten, dass es eben nicht bloß ein Schwarz oder Weiß bei solchen Entscheidungen gibt. Nein, sondern auch, dass es viele verschiedene Interessen, Risiken und Folgen zu berücksichtigen gilt. Gazprom und damit auch Russland würden von einem Verbot zwar getroffen werden. Wären damit jedoch nicht alleine.

Auch die europäische Wirtschaft und ihre Energiekonzerne hängen mit dem Schicksal der Pipeline zumindest in Teilen zusammen. Zudem könnte es Schadenersatzforderungen geben, die wiederum Deutschland und die EU treffen würden.

Das kann zu Druck bei der Entscheidungsfindung führen, der möglicherweise doch pro Gazprom und Nord Stream 2 tendieren könnte. Es bleibt daher spannend, wie es im Kontext von Nord Stream 2 und in Anbetracht des Falls Nawalny weitergeht. Wobei die US-Sanktionen inzwischen eher eine untergeordnete Rolle spielen.

Vincent besitzt Aktien von BASF und Royal Dutch Shell. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.

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Dieser Artikel erschien zuerst auf The Motley Fool