Eine andere Form der Diversifizierung: Im Kopf!

The Motley Fool

Veröffentlicht am 13.08.2022 09:00

Eine andere Form der Diversifizierung: Im Kopf!

Diversifizierung ist mehr als eine bunte Mischung im Depot. Wir sind hier nicht bei Haribo Color-Rado. Viele Analysten sind bemüht, sich regelmäßig einen Überblick auf das Weltgeschehen, den Ölpreis, die Zinsen, Gold und den US-Dollar zu verschaffen. Vielleicht auch auf die Turbulenzen im Krypto-Segment, Industrierohstoffe, die Lage im Immobiliensektor und einiges mehr. Und dann versucht man, sich einen Reim darauf zu machen, was das alles für die Börse bedeuten könnte.

Manchmal liegt man goldrichtig und ein anderes Mal völlig daneben Für mich war zum Beispiel Mitte 2020 völlig klar, dass Aktien nach dem Coronacrash ein zweites Mal unten aufschlagen würden. Es kam einfach zu viel Übles zusammen. Der lange Stillstand, die beklemmende Lage von Sektoren wie Tourismus und Unterhaltung, die überfüllten Krankenhäuser. Eine Pleitewelle schien unausweichlich.

Zumal auch noch chaotische Politik in den USA, Ärger mit dem Brexit, immer heftigere Umweltkatastrophen und ein drohender Rückfall an die Grenze der Überschuldung bei zahlreichen Staaten die Lage verschlimmerten. Ein verheerender weltweiter Dominoeffekt lag in der Luft, während wir bange auf die Verfügbarkeit von Impfstoffen warteten.

Es war alles angerichtet für einen zweiten Crash. Aber was tatsächlich kam, war einer der größten Boom-Phasen aller Zeiten, die viele Aktienkurse verzehnfachte. Es war eine der ganz großen Chancen im Leben, ohne viel Zutun in kurzer Zeit reich zu werden. Und ich war mit Depotabsicherung beschäftigt.

Heute wissen wir natürlich, dass der Markt völlig übertrieben hat. Die meisten Aktien haben die Gewinne des Coronabooms wieder abgegeben. Aber das macht die Fehleinschätzung kaum besser.

Ende 2021 hingegen, als sich angesichts der anhaltenden Lieferkettenprobleme bereits abzeichnete, dass eine Phase der Inflation ansteht, verharrten die Zinsen hartnäckig im negativen Bereich. Das kann doch überhaupt nicht sein, dachte ich. Es erschien mir völlig unlogisch. Weil man aber nie genau weiß, ob der Markt nicht doch noch eine Ecke weiter denkt, blieb ich vorsichtig und konnte lediglich einen kleinen Gewinn realisieren.

Im Nachhinein hat sich jedoch herausgestellt, dass es genau der richtige Gedanke war. Negativzinsen bekommt die Bundesfinanzagentur heute höchstens noch für kurzlaufende oder inflationsgebundene Papiere. Anleihekurse sind von Januar bis Juni stark eingebrochen, was schon mit moderaten Hebelzertifikaten Gewinne im mittleren dreistelligen Prozentbereich ermöglichte.

Was folgt also daraus? Zweimal habe ich aus der Lageanalyse heraus plausible Schlussfolgerungen gezogen. Einmal hat mich der Markt dafür ausgelacht, einmal ist er meiner Idee mit Volldampf gefolgt.

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Theoretisch könnte es natürlich sein, dass das Phänomen nur mich persönlich betrifft, während andere Analysten mit mehr Geschick immer die richtigen Schlüsse ziehen. Aber vermutlich irren wir uns alle gelegentlich, egal ob Autor, Leser oder berühmter TV-Analyst. Vielleicht sogar in der Hälfte der Fälle.

Die Konsequenz: gedankliche Diversifizierung Das könnte bedeuten, dass jede Anlageentscheidung auf einem anderen Blickwinkel und einer anderen Perspektive basiert als die vorhergehende. Wir dürfen uns nicht an einer Sichtweise festbeißen. Das würde bedeuten, dass wir immer wieder wegen derselben vermeintlichen Einsichten weiteres Geld investieren. Es gibt Beispiele, wo Menschen auf diese Weise Milliardenvermögen verloren haben.

So war der mit Nobelpreisträgern gespickte Hedgefonds Long-Term Capital Management in den 1990er-Jahren felsenfest davon überzeugt, dass sich die Anleihekurse der Euroländer angleichen würden. LTCM verstrickte sich immer tiefer in diese Idee, auch mit immensen Krediten. Wegen der Russlandkrise passierte jedoch das Gegenteil. Deutsche Anleihen vergrößerten wieder ihren Vorsprung vor der Peripherie. Das Schicksal nahm seinen Lauf, LTCM ist Geschichte.

So etwas wollen wir vermeiden, auch wenn unsere Vermögen bescheidener sind. Wenn beim letzten Investment die Furcht vor dauerhaft hoher Inflation die Hauptrolle spielte, dann könnte es beim nächsten etwa die Erwartung einer baldigen Auflösung der Lieferengpässe in einem bestimmten Bereich oder auch eine neue Lust auf Luxus sein. Manchmal ist es sogar am besten, die Makrolage völlig auszublenden und sich einzig auf die Stärke der beobachteten Unternehmen zu fokussieren.

Je vielfältiger die Ideen und Herangehensweisen, desto geringer wird das Risiko sein, dass wir mit einer zwar plausiblen, aber letztlich im realen Börsenalltag völlig untauglichen Idee viel Geld verlieren.

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Der Artikel Eine andere Form der Diversifizierung: Im Kopf! ist zuerst erschienen auf The Motley Fool Deutschland.

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