Das sagen Ökonomen zur Inflation in den USA

Investing.com

Veröffentlicht am 10.02.2022 15:54

Aktualisiert 10.02.2022 16:16

Investing.com - Noch keine Entspannung an der Preisfront in den USA: Die Jahresinflation stieg von Januar auf Dezember von 7,0 auf 7,5 Prozent, wie das US-Arbeitsministerium in Washington am Mittwoch mitteilte.

Volkswirte hatten mit einem Wert von 7,3 Prozent gerechnet.

Binnen Monatsfrist erhöhten sich die Verbraucherpreise um 0,6 Prozent. Die Fed verfolgt ein Inflationsziel von 2 Prozent, duldet aber seit 2020 eine "moderate" Überschreitung der Teuerung, da zuvor eine Zielverfehlung nach unten stattgefunden hat.

Ohne Berücksichtigung schwankungsanfälliger Energie- und Lebensmittelpreise stieg der Verbraucherpreisindex um 6 Prozent, gegenüber einem Schätzwert von 5,9 Prozent. Die Kerninflation war so hoch wie seit August 1982 nicht mehr.

In Reaktion auf die Inflationsdaten rutschten die großen US-Börsenbarometer (Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq 100) ins Minus. Besonders unter Druck gerieten dabei die zinssensiblen Technologie-Aktien (NYSE:XLK). Am Rentenmarkt zogen die Anleiherenditen kräftig an. So erreichte der Zins 10-jähriger US-Staatsanleihen mit 2 Prozent den höchsten Stand seit August 2019.

Wegen den höher als erwartet ausgefallenen Inflationszahlen haben die Marktteilnehmer ihre Erwartungen an stärkere Zinserhöhungen heraufgesetzt.

Laut dem Fed Watch Tool der CME Group (NASDAQ:CME) besteht eine Wahrscheinlichkeit von knapp 45 Prozent, dass die US-Notenbank Fed die Zinsen auf ihrer März-Sitzung nun um einen halben Prozentpunkt erhöht, statt nur um 25 Basispunkte. Vor Bekanntgabe der Preisdaten taxierte der Markt die Wahrscheinlichkeit für einen solch drastischen Schritt auf rund 25 Prozent.

Im Januar hat vor allem der rasante Preisauftrieb bei Öl die Teuerung in den USA stärker in die Höhe getrieben als befürchtet: Die Monatsrate der Energiepreise stieg um 9,5 Prozent.

Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum, angegeben als unterstellte Mieten, die ein Drittel des Verbraucherpreisindex ausmachen, erhöhten sich um 0,3 Prozent. Die Preise für Nahrungsmittel stiegen um 0,9 Prozent.

Das sagen Ökonomen zu den US-Inflationsdaten:

Ulrich Wortberg, Ökonom bei der Helaba: "Die Inflationsrate in den USA ist erneut gestiegen und sie liegt mit 7,5 Prozent auf dem höchsten Stand seit annähernd 40 Jahren. Auch die Kernteuerung hat sich weiter erhöht und die Konsensschätzung übertroffen. Zwar dürfte das Inflationshoch allmählich erreicht sein, dennoch steht die Fed unter Druck, von ihrem expansiven Kurs abzurücken. Sie will im März mit der ersten Zinserhöhung beginnen und insgesamt forcierter Vorgehen als bei der letzten Normalisierung der Geldpolitik. Die Zinserhöhungserwartungen sind aber schon weit gediehen und bis zum Ende dieses Jahres insgesamt 5 Schritte à 25 Bp. eskomptiert."

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Andrew Hunter, US-Ökonom bei Capital Economics: "Mit einem neuen Höchststand bei der Kerninflation des Verbraucherpreisindex von 6,0 Prozent gab es im übrigen Bericht wenig Grund zur Freude. Der Anstieg der Preise für medizinische Versorgungsleistungen um 0,6 Prozent könnte auch auf die Omikron-Störung zurückzuführen sein, ebenso wie der ungewöhnlich starke Anstieg der Preise für verschreibungspflichtige Medikamente. Die Beschleunigung der Shelter-Inflation lässt keine Anzeichen einer Abschwächung erkennen: Die Mieten für selbstgenutztes Wohneigentum stiegen erneut um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat, und die Mieten für den Erstwohnsitz legten sogar um 0,5 Prozent zu. Zusammen mit dem deutlichen Anstieg der Preise für Nahrungsmittel außer Haus um 0,7 Prozent unterstreicht dies unsere Ansicht, dass eine rasche zyklische Beschleunigung der Inflation im Gange ist, die angesichts der außerordentlich angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit wohl kaum nachlassen dürfte. Wir gehen zwar immer noch davon aus, dass günstigere Basiseffekte und ein teilweises Nachlassen der Angebotsengpässe die Kerninflation in diesem Jahr nach unten drücken werden, doch deutet dies darauf hin, dass sie noch einige Zeit deutlich über dem Ziel der Fed liegen wird."

James Knightley, Ökonom bei der ING (AS:INGA): "Die Inflation hat einen neuen 40-Jahres-Höchststand erreicht, und es ist nicht nur die Inflationsrate, die der Federal Reserve Sorgen bereiten sollte, sondern auch das Ausmaß der Preisgestaltungsmacht der Unternehmen. Da die Löhne, die Rohstoffpreise und Engpässe in der Lieferkette alle ihren Beitrag leisten, muss die Fed aggressiv reagieren, und es besteht die sehr reale Gefahr, dass sie ihre Entschlossenheit mit einem Zinsschritt um 50 Basispunkte im März demonstriert."

Sarah House, Ökonomin bei Wells Fargo (NYSE:WFC): "Die Verbraucherpreise stiegen im Januar um 0,6 Prozent und übertrafen damit die Erwartungen. Damit stieg die Jahresrate auf beachtliche 7,5 Prozent. Die Aufwärtsüberraschung, selbst als sich die Preise in Bereichen wie Energie und Kraftfahrzeuge wie erwartet abkühlten, ist ein Beleg dafür, dass die Inflation nach wie vor eine große Dynamik aufweist und eine signifikante Verlangsamung nicht in Sicht ist."

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank: "Die Inflationsdaten für den Januar zementieren eine Zinserhöhung im kommenden Monat. Gegen den harschen geldpolitischen Richtungswechsel gibt es keine Einwände mehr. Wie aggressiv die Fed mit weiteren Zinserhöhungen und ihrem geplanten Bilanzsummenabbau im laufenden Jahr vorgeht, hängt vom Teuerungsverlauf ab. Die Inflationsraten werden in den kommenden Monaten aufgrund des geringer werdenden Energiepreiseffekts fallen. Wie stark es in den Rückwärtsgang geht, hängt vom Funktionieren oder Nicht-Funktionieren der Lieferketten ab. Kommt der stockende Materialfluss wieder in Gang könnte es auch zu einer Phase kommen, bei der die Teuerungsraten im Monatsvergleich merklich fallen. Dies wäre dann die grosse Erlösung für die Fed."

Barry Gilbert , Asset-Allocation-Stratege bei LPL Financial: "Nach einem weiteren überraschenden Anstieg der Inflation im Januar sind die Märkte weiterhin über eine aggressive Fed besorgt. Auch wenn sich die Lage von hier aus langsam bessern könnte, so bleibt die Angst der Märkte vor einer möglichen Überstraffung der Fed-Geldpolitik bestehen, solange es keine eindeutigen Anzeichen dafür gibt, dass die Inflation unter Kontrolle ist."

Kathy Bostjancic, Volkswirtin bei Oxford Economics: "Ein Zins von 2 Prozent für die 10-jährige Staatsanleihe, zusammen mit einer höher als prognostizierten Inflation und einem folglich aggressiveren Straffungszyklus der Fed, wirkt sich negativ auf die Aktienkurse insgesamt und insbesondere auf Unternehmen aus, die auf Fremdkapital angewiesen sind, wie z. B. Technologieunternehmen. Der Ausgleich besteht darin, dass das Wirtschaftswachstum und die Unternehmensgewinne im Moment gesund sind. Eine aggressivere Fed könnte jedoch das Wachstum stärker als erhofft verlangsamen."

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