Reuters
Veröffentlicht am 20.02.2019 14:25
Daimler droht Bußgeld wegen vermutetem Dieselbetrug
Frankfurt (Reuters) - Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat wegen des mutmaßlichen Dieselbetrugs ein Bußgeldverfahren gegen Daimler (DE:DAIGn) eröffnet.
"Wir haben nunmehr auch ein Bußgeldverfahren gegen das Unternehmen Daimler eingeleitet", erklärte ein Sprecher der Behörde am Mittwoch. Auch gegen Porsche (DE:PSHG_p) und den Autozulieferer Bosch laufe eine solche Ermittlung. Dabei überprüfe die Staatsanwaltschaft, ob Verantwortliche im Zusammenhang mit der Manipulation der Diesel-Abgasreinigung ihre Aufsichtspflichten verletzt haben. Letztlich entscheide dann das Gericht, ob ein Bußgeld gegen das Unternehmen verhängt werde. Eine Sprecherin von Daimler erklärte, der Autobauer kooperiere vollumfänglich mit der Staatsanwaltschaft.
Volkswagen (DE:VOWG), wo der Dieselskandal 2015 begann, wurde wegen Verstößen bereits eine Milliarde Euro Bußgeld auferlegt. Die VW-Tochter Audi musste 800 Millionen Euro zahlen, weil das Management den Abgasbetrug bei Dieselmotoren zuließ. Das eigentliche Bußgeld ist auf fünf Millionen Euro begrenzt. Mit der viel höheren Strafe schöpften die Richter einen Teil des Gewinns ab, den die Autokonzerne aufgrund des jahrelangen Abgasbetrugs erzielten.
VIELE ERMITTLUNGEN UND SAMMELKLAGEN
Die Höhe eines möglichen Bußgeldes gegen Daimler ist nicht abschätzbar. Aber mit dem neuen Ermittlungsverfahren wird auch bei dem Stuttgarter Konzern die Liste der Diesel-Rechtsstreitigkeiten immer länger. Die örtlichen Strafverfolger ermitteln seit rund zwei Jahren gegen Konzernmitarbeiter wegen des Verdachtes auf Betrug und strafbare Werbung.
Für Europa hat das Kraftfahrt-Bundesamt einen Rückruf von rund 700.000 Mercedes-Diesel-Fahrzeugen angeordnet, davon 238.000 in Deutschland. Die Behörde sieht es als erwiesen an, dass die Fahrzeuge wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu viel Stickoxid ausstießen. Daimler ist dagegen der Auffassung, das Drosseln der Abgasreinigung sei zum Motorschutz nach EU-Recht erlaubt. Der Autobauer legte deshalb Widerspruch gegen den KBA-Bescheid ein. Die EU-Kommission und Landeskartellbehörden untersuchen, ob Daimler mit den anderen deutschen Autobauern durch Absprachen über Emissionsminderungssysteme gegen Kartellrecht verstoßen hat.
In den USA laufen seit 2016 Untersuchungen von Behörden, weil Dieselmodelle von Mercedes-Benz mehr Stickoxid ausstoßen als erlaubt. Das Justizministerium, die Umweltbehörden EPA und ihr Pendant des US-Bundesstaates Kalifornien CARB ermitteln, ob Daimler die Abgasreinigung rechtswidrig manipulierte. In einem ähnlich gelagerten Fall schloss Fiat Chrysler (MI:FCHA) im Januar einen Vergleich über 800 Millionen Dollar Bußgelder und Entschädigungen für Besitzer von rund 105.500 Fahrzeugen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Behörden auch bei Fahrzeugen von Mercedes Funktionalitäten für unzulässig halten, bekräftigte Daimler im Geschäftsbericht 2018. In den USA und Kanada sind außerdem Sammelklagen von Privatpersonen anhängig, weil Behörden und Verbraucher getäuscht worden seien.
Dazu gehen die Börsenaufsichten in den USA und Deutschland, SEC und BaFin, Verstößen gegen kapitalmarktrechtliche Veröffentlichungspflichten im Zusammenhang mit Dieselgate nach. In den USA reichten Anleger dazu eine Sammelklage ein. Auch in Deutschland klagten Anleger und beantragten am Landgericht Stuttgart ein Kapitalanlage-Musterverfahren. Auch viele Besitzer von Mercedes-Dieselwagen fordern vor Gerichten Schadenersatz oder versuchen über eine Musterklage gegen Kreditverträge der Mercedes-Benz-Bank den Kauf rückgängig zu machen. Alle zivilrechtlichen Klagen hält Daimler für unbegründet.
Der Autobauer erklärte im Geschäftsbericht vergangene Woche erneut, alle Verfahren könnten erhebliche finanzielle Folgen haben und dem Ruf des Unternehmens schaden. Wie hoch erheblich ist, muss Daimler nicht bekannt geben, weil alle Verfahren noch nicht abgeschlossen sind. Es ist aber mindestens ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag, der im Herbst für den Komplex Diesel zurückgestellt wurde.
Geschrieben von: Reuters
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