Reuters
Veröffentlicht am 26.05.2019 19:30
Union und SPD verlieren bei Europawahl deutlich - Grüne im Aufwind
- von Alexander Ratz
Berlin (Reuters) - Union und SPD haben bei der Europawahl in Deutschland kräftig verloren, die Grünen setzen ihren Höhenflug fort.
CDU/CSU wurden bei der Abstimmung am Sonntag trotz Verlusten erneut stärkste Kraft, die Sozialdemokraten gaben ihre Position als Nummer Zwei an die Grünen ab. In Bremen droht den Sozialdemokraten, erstmals nach 73 Jahren nicht mehr stärkste Partei zu sein: Nach den Prognosen von ARD und ZDF lag die CDU bei der Bürgerschaftswahl knapp vorne. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte in einer ersten Reaktion, es gebe nichts schönzureden, und fügte hinzu: "Das Ergebnis kann auch nicht ohne Folgen bleiben." CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte, die Union habe ihre Wahlziele erreicht, räumte zugleich aber Fehler im Wahlkampf ein.
Bei der Europawohl kommt die Union auf 28,3 Prozent (ZDF 27,7 Prozent) - ein Minus von mehr als sieben Punkte. Die SPD erhält 15,2 Prozent (ZDF 15,6 Prozent) - ein Minus von mehr als elf Punkten. Zweitstärkste Kraft werden die Grünen mit 21,1 Prozent (ZDF 20,9 Prozent), was einem Plus von mehr als elf Punkten entspricht. Die AfD vereint 10,6 Prozent (ZDF 10,7 Prozent) der Stimmen auf sich, die FDP 5,6 Prozent (ZDF 5,6 Prozent) und die Linkspartei ebenfalls 5,6 Prozent (ZDF 5,5 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag laut ARD bei 59 Prozent, vor fünf Jahren waren es 48,1 Prozent.
SPD-Parteichef Andrea Nahles nannte das Ergebnis "extrem enttäuschend". Erstmals sei die SPD bei einer bundesweiten Wahl dritte Kraft hinter den Grünen. "Sie (die Wahlergebnisse) zeigen, dass wir noch viel zu tun haben." CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sprach sich trotz der Verluste von Union und SPD bei der Europawahl für die Fortsetzung der großen Koalition in Berlin aus. "Ich finde, sie muss weiter machen, damit Stabilität in Deutschland herrscht." CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer sagte, die Union sei klar stärkste Partei in Deutschland, um EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber zu unterstützen. "Er ist unser Mann für den Präsidentenposten der Europäischen Kommission." Wenn die konservative Parteienfamilie EVP wie erwartet größte Fraktion im Europäischen Parlament werde, stehe der Anspruch, dass Weber den Posten erhalte. Dies sei "deutsches Interesse".
HABECK: KLIMAPOLITIK ENTSCHEIDEND
Grünen-Chef Robert Habeck führte die Zugewinne der Grünen auf deren Positionierung in der Klimapolitik zurück. "Sicherlich hat die Klimafrage zum ersten Mal in einem bundesweiten Fall so eine dominante Rolle gespielt, dass die Zögerlichkeit der großen Koalition da negativ gewirkt hat", sagte Habeck in der ARD. CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer räumte Fehler in der Wahlkampagne ein: "In diesem Wahlkampf ging es vor allem um das Thema Klima und Klimaschutz." Dort habe die CDU Defizite - ebenso wie beim Umgang mit sozialen Medien. Hintergrund ist, dass es der Union nicht gelungen war, auf ein vor wenigen Tagen ins Netz gestellte Video des Youtubers Rezo angemessen zu reagieren, der in seinem millionenfach geklickten Beitrag gefordert hat "Die Zerstörung der CDU" ausgerufen hat.
FDP-Chef Christian Lindner erwartet nicht, dass die große Koalition nach der Europa-Wahl zerbricht. "Ich glaube, die machen miteinander weiter", sagte er in der ARD. Die FDP sei "nur ein kleiner Gewinner" der Europawahl. Die Musik habe nicht bei ihren Themen gespielt. Die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Alice Weidel, sieht ihre Partei als Gewinnerin der Europawahl. "Im EU-Ausland konnten unsere Partner ebenfalls gute Ergebnisse einfahren", schreibt Weidel auf Twitter. "Europa wird sich drastisch ändern - und ich freue mich darauf."
In Bremen kommt die CDU laut Prognosen auf 25,5 Prozent (ZDF 26,5 Prozent) und die SPD auf 24,5 Prozent (ZDF 24,5 Prozent). Drittstärkste Kraft werden die Grünen mit 18 Prozent (ZDF 18,5 Prozent), die AfD kommt auf 7 Prozent (ZDF 5 Prozent), die FDP auf 6 Prozent (ZDF 6 Prozent) und die Linkspartei auf 12 Prozent (ZDF 12 Prozent). Damit wären eine große Koalition aus CDU und SPD genauso möglich wie ein Rot-Rot-Grünes Bündnis.
Geschrieben von: Reuters
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