Seehofer verzichtet auf CSU-Vorsitz und will Minister bleiben

Reuters  |  Autor 

Veröffentlicht am 12.11.2018 16:00

Seehofer verzichtet auf CSU-Vorsitz und will Minister bleiben

- von Jörn Poltz und Hans-Edzard Busemann

Berlin/München (Reuters) - Horst Seehofer hat nach zehn Jahren an der CSU-Spitze seinen Rückzug als Parteichef angekündigt, möchte zugleich aber Bundesinnenminister bleiben.

"Ich werde das Amt des Parteivorsitzenden der CSU niederlegen", sagte der 69-Jährige am Montag bei einem Besuch einer Polizeieinrichtung im sächsischen Bautzen. "Völlig unberührt davon ist mein Amt als Bundesinnenminister." Dieses Amt werde er weiter ausüben. Er wies damit Angaben aus CSU-Kreisen zurück, wonach er in einer internen Sitzung neben dem Rückzug als Parteichef auch einen Abschied als Minister in Aussicht gestellt hatte.

Seehofer wird von vielen CSU-Mitgliedern als Hauptverantwortlicher der Stimmenverluste bei der Landtagswahl Mitte Oktober genannt. Auch das schwache Abschneiden bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr wird vielfach ihm angelastet. Der Vorwurf lautet, Seehofer habe im Flüchtlingsstreit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel den Bogen überspannt und unnötig Krisen in der schwarz-roten Koalition heraufbeschworen. Allerdings hatte die CSU-Führung Seehofers harten Kurs lange Zeit unterstützt. Zuletzt geriet Seehofer wegen seines Umgangs mit dem als Verfassungsschutzchef umstrittenen Spitzenbeamten Hans-Georg Maaßen in die Kritik, auch in der eigenen Partei.

Zum Anlass seiner Entscheidung sagte Seehofer: "Der Hauptgrund liegt nicht in dem Landtagswahlergebnis in Bayern." Die CSU hatte mit einem Absturz um mehr als zehn Punkte auf 37,2 Prozent ein historisch schwaches Ergebnis eingefahren. Vielmehr wolle er eine Erneuerung der CSU im kommenden Jahr ermöglichen. Wann genau er den CSU-Vorsitz abgebe, werde im Laufe der Woche mitgeteilt.

Parteikreisen zufolge hatte Seehofer in einer Sitzung der engeren CSU-Führung am Sonntag einen Sonderparteitag für den Jahresbeginn in Aussicht gestellt, voraussichtlich im Januar. Dort solle ein neuer Vorsitzender gewählt werden. Seehofer war im Jahr 2008 von seiner Partei zum Ministerpräsidenten und CSU-Chef gekürt worden, nachdem die CSU unter seinen Vorgängern ebenfalls eine historische Wahlschlappe in Bayern erlitten hatte. Fünf Jahre später führte Seehofer die CSU zur absoluten Mehrheit zurück.

Als Kandidaten für die Nachfolge an der CSU-Spitze gelten vor allem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und der Europaabgeordnete Manfred Weber. Beide sind an der Basis populär. Zuletzt war besonders Söder von führenden CSU-Politikern dafür empfohlen worden, Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt in einer Hand zu vereinen. Seehofers war von seinem langjährigen Rivalen Söder im März auf Drängen der Partei als Ministerpräsident abgelöst worden. Vereinzelt wird in der CSU auch Landesgruppenchef Alexander Dobrindt als möglicher CSU-Chef genannt.

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"HEUTE SIND WIR IN BAYERN"

Alle drei haben sich bisher nicht offen dazu erklärt. Söder lehnte am Montag in München eine Stellungnahme zu Seehofers Äußerungen ab. Für ihn stehe die an diesem Tag anberaumte Ernennung seines neuen Kabinetts im Mittelpunkt, machte Söder deutlich. "Heute sind wir in Bayern", sagte er. Zu "Bundes-Dingen" wolle er sich nicht äußern. Söder hat wiederholt betont, seine politische Zukunft liege in Bayern. Zuletzt hatten er und Seehofer die politischen Aufgaben in Bund und Land großteils streng untereinander aufgeteilt und eine Einmischung in den Zuständigkeitsbereich des jeweils anderen weitgehend vermieden. Weber will nach der Europawahl im kommenden Jahr EU-Kommissionschef werden, was aber als kaum vereinbar mit einem Parteivorsitz gilt. Weber ist Fraktionschef der Parteienfamilie Europäische Volkspartei (EVP) im EU-Parlament.

Während in der CSU der Wunsch nach einem neuen Vorsitzenden groß ist, wird in Parteikreisen im Bundesinnenministerium kaum eine Alternative zu Seehofer gesehen. Das von Seehofer um mehrere Teilressort erweiterte Ministerium gilt als schwer zu führen, selbst für einen erfahrenen Politiker wie Seehofer. Der wiederholt als möglicher Bundesinnenminister gehandelte CSU-Politiker Joachim Herrmann will in Bayern bleiben. Söder berief den 62-Jährigen in gleicher Funktion wieder in sein Landeskabinett. Herrmann gilt als einer der profiliertesten Innenpolitiker der CSU und hat selbst betont, er wolle Bayern nicht verlassen, da er sich dem Votum der Bürger bei der Landtagswahl verpflichtet sehe.

Die CSU regiert nach dem Verlust der absoluten Mehrheit in Bayern nun in einer Koalition mit den Freien Wählern. Vize-Regierungschef und Minister für Wirtschaft und Energie wird Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Finanzminister bleibt der CSU-Politiker und enge Söder-Vertraute Albert Füracker. Zudem gibt die CSU die Ministerien für Schulen und Umwelt an die Freien Wähler ab.

In den Reihen von Seehofers Koalitionspartner SPD und der Opposition wurde am Montag erneut dessen Rücktritt als Minister gefordert. "Es ist nicht souverän, Zeit zu schinden und noch einige Monate im Amt zu bleiben", sagte Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) der "Rheinischen Post". Juso-Chef Kevin Kühnert erklärte auf Twitter, Seehofers Rücktritt als CSU-Chef ändere für die Regierung nichts. FDP-Chef Christian Lindner forderte, Seehofer solle "in einem zweiten Schritt" auch sein Regierungsamt aufgeben.

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