Merkel räumt Fehler ein - Koalition will Sacharbeit

Reuters

Veröffentlicht am 24.09.2018 15:30

Merkel räumt Fehler ein - Koalition will Sacharbeit

- von Holger Hansen

Berlin (Reuters) - Nach dem Dauerstreit über Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen will die schwarz-rote Koalition mit einer Rückkehr zur Sacharbeit Vertrauen zurückgewinnen.

Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel kündigte am Montag an, es werde regelmäßig Treffen des Koalitionsausschusses geben, um die wichtigen Themen voranzubringen. Bereits am 1. Oktober werde es um die Diesel-Problematik gehen. In der SPD gab es Rückhalt für Parteichefin Andrea Nahles, die durch ihre Zustimmung zur ursprünglich geplanten Beförderung Maaßens in den eigenen Reihen massiv unter Druck geraten war. Aus der Wirtschaft wurde angesichts der Streitigkeiten Sorge um die politische Stabilität laut.

MERKEL RÄUMT FEHLER EIN

Sie bedauere die Entscheidung vom vergangenen Dienstag, Maaßen zu befördern, sagte Merkel vor CDU-Beratungen in der Parteizentrale. Die am Sonntagabend vereinbarte Korrektur sei richtig und den Menschen vermittelbar. Ein Jahr nach der Bundestagswahl sei es wichtig, die Probleme der Menschen zu lösen. SPD-Chefin Nahles hatte bereits am Sonntagabend erklärt, es gelte nun, die gesetzliche Rente zu stabilisieren, für bezahlbare Wohnungen zu sorgen, gute Kitas auszubauen und den Schutz der Arbeitslosenversicherung zu verbessern.

Die drei Parteivorsitzenden Merkel, Nahles und Horst Seehofer (CSU) vereinbarten am Sonntagabend bei einem dritten Krisentreffen binnen zehn Tagen, dass Maaßen - wie von der SPD gefordert - den Posten als oberster Verfassungsschützer räumt. Er soll nun Sonderberater im Bundesinnenministerium von Seehofer werden. Maaßen wird damit weder befördert noch ändert sich seine Besoldungsstufe. Die Verständigung zu Maaßens Beförderung hatte Nahles nach heftiger Kritik aus der eigenen Partei am Freitag aufgekündigt.

Die Bürger trauen der Koalition mehrheitlich nicht zu, die Probleme lösen zu können. Laut einer Forsa-Umfrage für RTL (BR:AUDKt) und n-tv sieht nur noch eine Minderheit von 24 Prozent der Befragten Union und SPD in der Lage, mit den Problemen in Deutschland fertig zu werden.

JUSO-CHEF WILL SCHMERZGRENZEN FESTLEGEN

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, im Parteivorstand sei es die Meinung gewesen, dass die Einigung vom Sonntag ein "akzeptables Ergebnis" sei. Maaßen sei nicht mehr haltbar, weil er nach den Ausschreitungen in Chemnitz dazu beigetragen habe, "rechte Verschwörungstheorien zu verbreiten". Wenn Bundesinnenminister Seehofer ihn in sein Ministerium hole, "dann ist das seine persönliche Entscheidung". Für Nahles habe es "eine große Unterstützung" gegeben.

Im SPD-Vorstand seien die Stellungnahmen überwiegend darauf hinausgelaufen, dass man mit der Einigung leben könne, sagte ein Teilnehmer der Nachrichtenagentur Reuters. Es habe allerdings Kritik gegeben, dass es insgesamt nicht gut gelaufen sei. Der Vertrauensverlust sei immens. SPD-Nachwuchschef Kevin Kühnert habe Parteichefin Nahles gedankt für das, was sie erreicht habe, hieß es an anderer Stelle. Man solle jetzt aber keine Euphorie verbreiten, sondern sich in Demut üben.

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Kühnert gilt als Wortführer der Gegner der großen Koalition in der SPD. Er trug die Einigung mit, sagte aber: "Die einzig wirklich ehrliche Lösung wäre gewesen, dass Herr Maaßen in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird." Der Juso-Chef will nun rote Linien für den Fortbestand der Koalition ziehen. Die SPD müsse sich darüber unterhalten, "welche Schmerzgrenzen für die Zusammenarbeit in der Koalition bestehen". Sie brauche "jetzt eine Klärung, wie weit sie bereit ist, in Koalitionen zu gehen".

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