Kampf den Schwachstellen - CDU-Kandidaten feilen am Profil

Reuters

Veröffentlicht am 12.11.2018 09:22

Kampf den Schwachstellen - CDU-Kandidaten feilen am Profil

- von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) - Noch bevor im Rennen um den künftigen CDU-Vorsitz am Donnerstag die acht Regionalkonferenzen beginnen, feilen die drei prominentesten Kandidaten an ihrem Profil.

In den vergangenen Tagen haben sich vor allem Überraschungskandidat Friedrich Merz und Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer Korrekturen an möglichen eigenen Schwachstellen gewidmet, die ihnen schaden könnten. Denn die beiden und Gesundheitsminister Jens Spahn wollen mit einem "Gewinner-Profil" vor die CDU-Mitglieder treten, unter denen viele der 1001 Delegierten sitzen, die auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember über die neue Parteiführung bestimmen.

KRAMP-KARRENBAUER ZEIGT HARTE SEITE

Am deutlichsten wurde die Nachjustierung bei Kramp-Karrenbauer. Bei der früheren saarländischen Ministerpräsidentin hatten Beobachter drei Schwachstellen ausgemacht: Sie ist eine Frau. Sie gilt als Merkel-nah. Und sie gilt als zu "weich" und steht für zuviel Kontinuität, was gerade Kritiker von Merkels Kurs störte. Bei zwei Punkten hat sie nun nachgesteuert, um auch für die Konservativen in der Partei wählbar zu sein.

Zum einen hat sie in einer ZDF-Talkshow und im Interview mit der Funke-Mediengruppe ihren Widerstand gegen eine "Ehe für alle" nochmals deutlich gemacht. Tatsächlich ist die westdeutsche Katholikin in gesellschaftspolitischen Fragen eher konservativer als die ostdeutsche Protestantin Merkel. Zum anderen hat sie in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" eine lebenslange Wiedereinreise-Sperre in den Schengen-Raum für straffällig gewordene und abgeschobene Migranten gefordert - was diejenigen in der CDU loben, die Merkels Flüchtlingspolitik kritisieren. Damit lenkt Kramp-Karrenbauer den Blick auf ihre "härtere" Seite - immerhin war sie im Saarland auch einmal Innenministerin.

Nur an zwei Punkten will oder kann die 56-Jährige nichts ändern. Zum einen wolle sie sich nicht von Merkel "künstlich" absetzen, betonte sie. Das muss sie aber möglicherweise auch gar nicht, weil Merkel-Nähe plötzlich kein Makel mehr ist. Immerhin schossen die Zustimmungswerte für die Kanzlerin seit dem angekündigten Verzicht auf den CDU-Vorsitz im jüngsten ZDF-Politbarometer nach oben. Dass es in der CDU bei einigen die Sehnsucht gibt, nach 18 Jahren Merkel wieder einen Mann an der CDU-Spitze zu haben, kontert Kramp-Karrenbauer offensiv mit der Bemerkung: "Die CDU hatte nie ein Problem damit, dass ein Mann auf einen Mann gefolgt ist. Warum sollte sie jetzt ein Problem haben, wenn eine Frau einer Frau nachfolgt?"

MERZ JUSTIERT NACH - BEI THEMEN MERKEL UND EUROPA

Auch bei Seiteneinsteiger Merz ist deutlich, dass er sein zunächst verbreitetes Profil nachjustieren will. Mehrfach versprach der frühere Unions-Fraktionschef jetzt, dass er nicht auf einem Rachfeldzug gegen Merkel aus sei, die ihn 2002 von dem Posten verdrängt hatte. Sicherlich werde er gut mit ihr zusammenarbeiten, verspricht er. Denn auch Merz kennt die Umfragezahlen für die Kanzlerin - und die Abneigung in der Unions-Bundestagsfraktion und der CDU-Spitze gegen Neuwahlen. Jeder CDU-Chef wird wohl eine ganze Weile mit der Kanzlerin zusammenarbeiten müssen - nur wurde Merz dies am wenigsten von den drei Kandidaten zugetraut. Dazu passt, dass er auch seine früher ablehnende Haltung gegenüber den Grünen korrigiert. Die Grünen von heute seien "sehr bürgerlich, sehr offen, sehr liberal und sicherlich auch partnerfähig", sagte der 63-Jährige der "Bild am Sonntag".

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Der zweite Punkt ist Europa. Merz hatte noch vor seiner Kandidatur einen Europa-Aufruf mitunterschrieben, in dem weitreichende Schritte bei der EU-Integration gefordert werden - bis zu einer europäischen Arbeitslosenversicherung und ambitionierten Eurozonen-Reformen. "Ich finde, dass er mehr verdient hat auch an wirklich substanzieller Antwort aus Deutschland", sagte Merz vergangene Woche zu den Europa-Vorschlägen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Doch nun rückt er davon wieder ab - auch weil seine Ideen nicht zu denen seiner Unterstützer vom CDU-Wirtschaftsflügel passen. In der "Rheinischen Post" sagt Merz nun, eine europäische Arbeitslosenversicherung sehe er erst am Ende eines Integrationsprozesses.