Diskussion über CO2-Steuer - CDU bremst wegen Europawahl

Reuters  |  Autor 

Veröffentlicht am 07.05.2019 07:55

Aktualisiert 08.05.2019 19:30

Diskussion über CO2-Steuer - CDU bremst wegen Europawahl

- von Andreas Rinke

Berlin (Reuters) - Als Angela Merkel beim Bürgerdialog in Schwedt die besorgte Frage nach zusätzlichen Klimalasten für Bürger bekam, war sie sehr deutlich: "Über eine CO2-Steuer spreche ich überhaupt nicht, schon gar nicht, um sie auf die Mineralölsteuer draufzuschlagen", beruhigte die Kanzlerin vergangene Woche den Frager.

Und sie gab damit die Linie wieder, die zuvor auch in den CDU-Gremien besprochen und von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer festgezurrt worden war: Zwar will auch die Union die Klimaschutzziele über eine "Bepreisung" des Treibhaus-Gases Kohlendioxid erreichen. Aber in die Debatte über eine CO2-Steuer will die CDU nicht einsteigen - zumindest vorerst nicht.

Gründe dafür sind nach Angaben aus Unionskreisen strategische und innerparteiliche. Denn am 26. Mai steht die Europawahl an. Und Kramp-Karrenbauer hat in den vergangenen Tagen mehrmals davor gewarnt, dass die Gelbwesten-Proteste in Frankreich nach Deutschland überschwappen könnten. Schließlich war auch dort der Auslöser eine Erhöhung der Benzinsteuer, die vor allem Pendler empörte. Proteste gibt es schon, etwa in Stuttgart, die durch Fahrverbote für ältere Diesel ausgelöst wurden. Wohin es führe, wenn man nicht darauf achte, welche Maßnahmen von der Bevölkerung akzeptiert würden, "das kann man mit Blick auf das ein oder andere europäische Nachbarland sehen", warnte Kramp-Karrenbauer deshalb am Montag in Anspielung auf Frankreich.

Denn laut ARD-Deutschlandtrend sind nur 34 Prozent der Deutschen für einen Aufschlag auf Sprit und Heizöl, 62 Prozent dagegen. "Steuererhöhungen sind immer ein emotionales Thema, erzeugen oft Ablehnung bei Wählern", sagt Politologe Gero Neugebauer. Zudem hatten gerade CDU und CSU Steuererhöhungen ausgeschlossen und fürchten, sich den Vorwurf des Wortbruchs einzuhandeln. Aufschläge auf Mineralöl, Diesel, Gas oder Heizöl, so warnen CSU und Kramp-Karrenbauer übereinstimmend, könnten zudem vor allem "kleine Leute" treffen. Und das in Speckgürteln um Städte oder in ländlichen Gebiete, in denen das Wählerpotenzial der Union besonders stark ist. "Das Thema CO2-Bepreisung jetzt hochzuziehen, schadet sowohl Union als auch der SPD", sagt auch Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa. Laut Deutschlandtrend findet sich nur bei Grünen-Anhängern (60 Prozent) mehrheitlich Zustimmung für eine CO2-Steuer.

Dazu kommt der europaweite Trend, dass Rechtspopulisten gerade den Klimaschutz als neues Mobilisierungthema für sich erkannt haben. Ein entsprechender Anti-Umweltschutz-Kurs findet sich etwa in Finnland, Belgien und den Niederlanden. Auch die AfD in Deutschland plakatiert im Europawahlkampf "Brüssel, es reicht. Diesel muss bleiben." "Diese geplante CO2-Steuer ist nichts anderes als ein Deckmäntelchen, um Bürger noch mehr abzuzocken", kritisiert auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Marc Bernhard. Das zieht bei AfD-Wählern, von denen nur elf Prozent für eine CO2-Steuer sind.

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