Reuters
Veröffentlicht am 17.08.2018 16:13
Positive Stimmen aus Wirtschaft zu Einwanderungsplänen
Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung stößt mit ihren Eckpunkten für ein Fachkräfte-Einwanderungsgesetz bei der Wirtschaft weitgehend auf Zustimmung.
Kritik kommt dagegen von den Gewerkschaften und der Opposition.
"Die Bundesregierung sendet mit ihren Eckpunkten zur Fachkräftezuwanderung ein positives Signal an die Betriebe und ausländischen Fachkräfte", sagte der Präsident des Deutschen- Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, am Freitag in Berlin. Derzeit fehlten 1,6 Millionen Arbeitskräfte. Nun komme es auf die konkrete Ausgestaltung der großen Linien an, sagte Schweitzer. "Die grobe Fahrtrichtung stimmt", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer.
Nach jahrelanger Debatte über ein Fachkräfte-Einwanderungsgesetz haben sich das Innen-, Arbeits- und Wirtschaftsministerium auf ein Eckpunktepapier verständigt. Dieses wurde nun an die anderen Ressorts verschickt und soll in Kürze vom Kabinett verabschiedet werden. Das geplante Gesetz soll regeln, wer zu Arbeits- und Ausbildungszwecken nach Deutschland kommen darf. Kriterien sollen etwa Qualifikation, Alter, Sprachkenntnisse, der Nachweis eines Arbeitsplatzangebots und die Sicherung des Lebensunterhalts sein.
Kramer sagte, angesichts der sehr guten Lage am Arbeitsmarkt sei es sinnvoll, dass die Bundesregierung nicht mehr auf der umstrittenen Bevorzugung einheimischer Bewerber bei der Besetzung offener Stellen bestehe. Zudem würde der Wegfall der Beschränkung für Zuwanderung auf die bisher sehr eng definierten Engpassberufe erlauben, dass der tatsächliche Bedarf mit Fachkräften aus dem Ausland gedeckt werden könne. Die geplanten Änderungen beim Anerkennungsverfahren sollten aber ehrgeiziger sein. Nötig seien auch schnellere Verwaltungsverfahren. Überwiegend positiv äußerten sich auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), das Baugewerbe und der Wirtschaftsrat Deutschland.
Seitens der Gewerkschaften beklagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach, mit einem Einwanderungsgesetz hätten die vorgeschlagenen Korrekturen und Reparaturen nichts gemein. Sie bezog sich etwa auf das Vorhaben, dass künftig auch beruflich Qualifizierte für eine befristete Zeit zur Jobsuche einreisen dürfen sollen, was Akademikern jetzt schon möglich ist. Hierbei handele es sich den bisherigen Erfahrungen zufolge um einen Placebo. Bei der Vorrangprüfung sei wichtig, dass diese bei Konjunktureinbrüchen kurzfristig wieder eingeführt werden könne.
Buntenbach beklagte, dass Geflüchteten der Zugang zum Aufenthalt als Erwerbstätige verwehrt bleibe. Sie forderte die Möglichkeit eines "Spurwechsels", bei dem abgelehnte Asylbewerber eine Bleibeperspektive erhalten, wenn sie gut integriert sind und Arbeit haben. Einen solchen Wechsel zwischen Asyl- und Zuwanderungsrecht hatte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in die Diskussion gebracht. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer äußerten sich zu der Idee aber skeptisch. Es seien unterschiedliche Regelungen vorgesehen für Zuwanderung aus humanitären Gründen und Zuwanderung zu Arbeits- und Ausbildungszwecken, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Bei dieser Trennung sollte es grundsätzlich auch bleiben." Ähnlich äußerte sich eine Sprecherin Seehofers.
Kritik an den Eckpunkten zur Fachkräfteeinwanderung kam von der Opposition. Der FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel monierte, statt endlich ein Punktesystem nach dem Vorbild erfolgreicher Einwanderungsländer zu schaffen, würden nur ein paar kleine Reparaturen angekündigt. Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke kritisierte, die Anwerbung von Fachkräften sei ein "quasi-kolonialistischer" Akt.
(Reporter: Thorsten Severin; redigiert von Thomas Krumenacker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 069-7565 1236 oder 030-2888 5168.)
Geschrieben von: Reuters
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