Verzockt: Vom Betongold zum Schuldenberg – Immobiliencrash wird wahrscheinlicher

Investing.com  |  Autor Marco Oehrl

Veröffentlicht am 26.05.2023 16:41

Investing.com – China galt über viele Jahre hinweg als das Wirtschaftswunder schlechthin, denn die auf geduldigem Papier nachzulesenden Wachstumsraten waren beeindruckend. Was die offiziellen Statistiken auf den ersten Blick jedoch nicht hergeben ist, dass die einstigen Vorzeigedaten teuer erkauft wurden. Es entstanden neue Kohlekraftwerke, die keiner benötigt, neben Städten, in denen keiner wohnt, während Prestige-Projekte wie der Transrapid realisiert wurden, mit dem keiner fährt.

Und weil sich auch eine Zentralregierung wirtschaftlichen Einflussgrößen nur bis zu einem gewissen Maß entziehen kann, brodelt es im Reich des Drachens mächtig gewaltig, wie Kathleen Li und Ellen Wan in ihrem jüngsten Artikel über den chinesischen Immobilienmarkt eindrucksvoll darstellten .

Während in Deutschland große Wohnungsnot herrscht, stehen in China rund 20 Prozent der Wohnimmobilien (65 Millionen) leer. Städte wie Chenggong wurden auf dem Reißbrett entworfen und aus dem Boden gestampft, um die Erfolgsstory des Wirtschaftswachstums nicht abreißen zu lassen, völlig vorbei an jeglichem Bedarf.

Der Multimilliardär Wang Jianlin bezeichnete den Immobilienmarkt bereits 2020 als eine der größten Blasen in der vorbei .

Die Regierung wird jedoch nicht müde, zu versuchen, die Risse in der bröckelnden Fassade zu kitten. Anfang 2023 gelang eine kurze Belebung des Immobilienmarktes, indem Immobilienerstkäufern Hypothekenzinsen von unter 4 Prozent angeboten wurde. Die Daten der chinesischen Zentralbank belegen jedoch einen rückläufigen Trend bei den Immobilienkrediten, wie Li und Wan feststellten.

Im April brachen die Immobilienverkäufe in Großstädten wie Peking und Shanghai um bis zu 37,3 Prozent ein. Nun sollte man davon ausgehen können, dass der Immobilienmarkt darauf mit sinkenden Preisen reagiert, so wie es das Gesetz von Angebot und Nachfrage gebietet. Doch genau das wird von der Regierung verhindert, indem den Immobilienentwicklern untersagt ist, ihre Preise zu senken.

Die dadurch ausgelöste Kettenreaktion würde die Blase alsbald zum Platzen bringen, was ein erhebliches Ansteckungspotenzial für den Bankensektor und die gesamte Wirtschaft birgt. Dass der staatlich geförderte Immobilienboom ein Spiel mit dem Feuer ist, beweist die japanische Immobilienblase. Diese platzte in den 1990er-Jahren, nachdem der Wert der Wohnimmobilien 391 Prozent des BIP erreicht hatte.

Beunruhigend ist, dass es die chinesischen Wohnimmobilien im Jahr 2020 bereits auf 414 Prozent des BIP brachten. Laut dem "China Wealth Report 2022", auf den sich Li und Wan beziehen, legte der Immobilienmarkt von 62,6 Billionen Dollar im Jahr 2020 um weitere 17,9 Prozent auf 73,8 Billionen Dollar im Jahr 2021 zu.

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Aber mittlerweile lässt das ins Straucheln geratene chinesische Wirtschaftswunder die Verbraucher vorsichtiger werden. Obwohl die Banken die Kreditzinsen senkten, wurden laut Analysten seit Anfang 2022 rund 700 Milliarden Dollar an Hypotheken vorzeitig zurückgezahlt und von den Verbrauchern nicht mehr abgerufen.

Somit verschärft sich die Situation der Banken und Immobilienentwickler immer weiter, wie der chinesische Finanzexperte Fang Qi erläuterte:

"Die Verknappung der Finanzmittel für den Immobiliensektor wird die Banken weiter ins Chaos stürzen und damit einen Teufelskreis auslösen, der sich auf die Qualität der Vermögenswerte und die Rentabilität der Banken auswirken wird. Wenn sich das Risiko bis zu einem gewissen Grad ausbreitet, werden die Banken eine große Anzahl uneinbringlicher Forderungen haben, was zum Bankrott führt."

Die Anzeichen dafür, dass die ersten Bankrotterklärungen durch die Presse gehen, mehren sich. Die KWG Property gab am 28. April bekannt, dass man eine Zinszahlung in Höhe von 31 Millionen Dollar nicht bedienen kann. Damit wurden auf Verlangen automatisch Verbindlichkeiten in Höhe von 4,36 Milliarden Dollar fällig.

Die von Wang Jianlin gegründete Wanda Group steht ebenfalls am Abgrund. Die Zinsen für zwei ausgegebene Dollar-Anleihen kletterten im April auf über 35 Prozent. Eine andere Anleihe der Gesellschaft im Wert von 400 Millionen Dollar, die im Juli zur Rückzahlung ansteht, fiel in dieser Woche laut Bloomberg dermaßen , dass der Markt von einer Zahlungsunfähigkeit ausgeht.

Wie lange es China gelingt, den unvermeidlichen Immobiliencrash hinauszuzögern, bleibt fraglich. In anderen Teilen der Welt sieht es jedoch nicht besser aus. In den USA stehen mit Fremdkapital finanzierte Gewerbeimmobilien leer. Die Hybridanleihen der schwedischen Immobilienholding SBB notieren bei unter 24 Cent pro Euro und in deutschen Städten sind die Immobilienpreise schon jetzt um 20 Prozent gesunken.

Wer jetzt eine Immobilie verkaufen will, findet kaum noch Käufer die bereit sind einen Kredit zu den hohen Zinsen aufzunehmen. Noch schlimmer ergeht es denen, die zu günstigen Zinsen mit einer Tilgung von 1 Prozent gebaut haben und von ihrer Bank eine Anschlussfinanzierung angeboten bekommen, die unbezahlbar ist. Schnell ist das Eigenheim weg, doch ein Berg von Schulden bleibt.

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