Taiwan-Krieg als Ausweg aus der globalen Krise?

Investing.com  |  Autor Marco Oehrl

Veröffentlicht am 20.06.2023 16:54

Investing.com – Weltweit setzte der Finanzmarkt auf die Zugkraft der chinesischen Wirtschaft, wenn das riesige Land erst einmal beginnen würde, sich von den COVID-Lockdowns zu erholen. Mittlerweile ist die Abriegelung der chinesischen Wirtschaft Geschichte und dennoch kann von einer weltweit konjunkturellen Erholung keine Rede sein, ganz im Gegenteil.

In Amerika, Europa und China zeigen die Wirtschaftsindikatoren keine bevorstehende Stärke an, sondern sprechen vielmehr dafür, dass eine flache Konjunkturentwicklung oder im schlimmsten Fall eine Rezession zu erwarten ist, die in einigen Fällen bereits begonnen hat.

Deutschlands Wirtschaft schrumpfte bereits zwei Quartale in Folge und in den USA blieben die Einzelhandelsumsätze in jedem einzelnen Monat des Jahres 2023 hinter der Inflation zurück. Ganz klare Indizien für den Beginn einer wirtschaftlichen Talfahrt.

Aller Ortens brechen die Preise für Gewerbeimmobilien ein, während Banken ihre Kreditvergabe einschränken und der flächendeckende Einsatz von KI unweigerlich zu Arbeitsplatzverlusten führen wird.

In China ist die wirtschaftliche Lage bereits so prekär, dass die Zentralbank des Landes auf Druck der Regierung die Finanzierungsbedingungen lockert. Das BIP-Wachstum enttäuschte jüngst genauso wie die Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion.

Besonders alarmierend ist die Tatsache, dass die Jugendarbeitslosigkeit mit 20,8 Prozent mehr als doppelt so hoch ist wie vor dem Ausbruch der Pandemie. Und genau daraus resultiert unter anderem die verpatzte Lockdown-Erholungsrallye, denn knapp 20 Prozent des Konsums entfällt genau auf diese Bevölkerungsgruppe.

Laut einer Studie von Goldman Sachs (NYSE:GS) ist das auf zwei Faktoren zurückzuführen. Die Chinesen im Alter von 15–24 Jahren arbeiten oftmals im Dienstleistungssektor, der sich noch immer nicht vom Covid-Schock erholt hat. Hinzu kommt, dass die in den Hochschulen erworbenen Qualifikationen nicht mit dem Bedarf der Industrie in Einklang stehen.

Ein Beispiel sind die Abschlüsse im Bereich Sport/Bildung, die zwischen 2018 und 2021 um über 20 Prozent zulegten, während die Nachfrage nach derartigen Fachrichtungen abnahm.

Goldman Sachs kommt zu dem Schluss, dass die autoritäre Regierung Chinas das Problem dadurch angehen wird, indem der Dienstleistungssektor verstärkt gefördert wird. Dadurch könnte die Jugendarbeitslosigkeit im Optimalfall um 7 Prozent gesenkt werden. Die US-Bank räumt jedoch auch ein, dass die Schwäche in Sektoren wie Bildung und Informationstechnologie möglicherweise kein vorübergehendes, sondern ein strukturelles Problem sein könnte, ausgelöst durch die regulatorischen Verschärfungen.

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Jeffrey Landsberg von Commodore Research sieht noch eine ganz andere, schockierende, Möglichkeit : "Krieg erzeugt viele Arbeitsplätze für die Jugend eines Landes".

Mit dieser Aussage bezieht er sich auf den territorialen Konflikt rund um Taiwan. Die chinesische Regierung sieht Taiwan als abtrünniges Staatsgebiet an, welches man sich jederzeit mit Waffengewalt unterwerfen könne.

Parallel dazu ist aus dem Weißen Haus zu hören, dass man die Chipfabrik der Welt mit dem Einsatz amerikanischer Truppen gegen Chinas Militär verteidigen werde.

China befürchtet laut Landsberg, dass die hohe Arbeitslosigkeit unter der Jugend zu sozialen Unruhen führen könnte. Um dem entgegenzuwirken, könnte das Land zu bewaffneten Konflikten greifen. Rückenhalt aus der Bevölkerung dürfte es dafür bedauerlicherweise geben, wie das Beispiel Russland-Ukraine zeigt.

Während sich also die Weltwirtschaft auf dem Pfad der Rezession befindet, stellt sich die Frage, ob ein erschreckender Ausweg für alle Beteiligten darin besteht, einen weiteren Krieg zu entfesseln.

Der rückläufige Konsum der Menschen würde so über die ins Rollen kommende Kriegswirtschaft abgefangen werden, während man gleichzeitig von den innenpolitischen Problemen ablenkt.

Die USA haben bereits im Ukraine-Krieg bewiesen, welch hohe Summen man bereit ist zur Unterstützung eines Landes zu investieren. Gleichzeitig beraten BlackRock (NYSE:BLK) und JPMorgan (NYSE:JPM) die ukrainische Regierung, um den Wiederaufbau des Landes mit saftigen Renditen in Gang zu bringen. Ein Wiederaufbaufonds in Höhe von 1 Billion US-Dollar ist in Arbeit.

Die US-Regierung kann bei einem militärischen Konflikt mittlerweile aus dem Vollen schöpfen und eine Kriegswirtschaft vollständig finanzieren. Denn die Schuldenobergrenzen, die vor wenigen Wochen noch ein heißes Thema war, wurde bis 2025 ausgesetzt.

Im Falle eines bewaffneten Konflikts hätten die USA auch kein geldpolitisches Problem mehr. Zinsen, Inflation, Schulden etc. würden sich innenpolitisch mit dem Konflikt erklären lassen, den China heraufbeschworen hat. Sogar für das Nichteinhalten der Klimaziele kann der Konflikt dienlich sein. Somit würden nicht nur die beiden Supermächte auf dem Rücken Taiwans und der eigenen Truppen profitieren, sondern auch der Rest der politischen Welt.

Den hochrangigen Staats- und Regierungschefs dürfte es in Anbetracht der vor ihnen liegenden Probleme nicht in erster Linie darum gehen einen außenpolitischen Konflikt zu verhindern, sondern viel mehr darum, wie man davon profitieren kann.

Es wäre auch nicht das erste Mal, dass ein Krieg als Lösung für wirtschaftliche und innenpolitische Problem herhalten muss, wie Markus Diem Meier schrieb :

"Ein Blick auf die Forschung zu den ökonomischen Auswirkungen von Katastrophen und sogar Kriegen zeigt, dass diese der Gesamtwirtschaft sogar deutlich Schub verleihen können. Das berühmteste Beispiel ist der Zweite Weltkrieg. Seinem Ausbruch ist es letztlich zu "verdanken" dass die Grosse Depression der 1930er-Jahre endete und die Beschäftigung überall wieder zugenommen hat.

Der Grund ist simpel. Katastrophen und Kriege führen zu erheblich höheren Ausgaben hauptsächlich des Staates für Hilfe, Infrastruktur und Güter. Das führt zu einem Nachfrageschub und damit zu einer erhöhten Beschäftigung und auch einem höheren Wachstum – deshalb können auch Firmen höhere Gewinne verzeichnen."

Für die USA dürfte vor allem die Möglichkeit einer hohen Inflation in dem Zusammenhang mit einen Krieg interessant sein, denn eine hohe Inflation würde den riesigen Schuldenberg entwerten. Und laut Diem Meier wäre unter den aktuellen Bedingungen mit einer steigenden Inflation zu rechnen:

"In einer schweren Rezession mit unausgelasteten Kapazitäten ist ein solcher Schub aus konjunktureller Sicht nützlich. Ist die Wirtschaft aber bereits ausgelastet und herrscht Vollbeschäftigung, dann droht eine Inflation."

Es ist wichtig zu betonen, dass das Erwägen eines Krieges als Lösung für wirtschaftliche Herausforderungen und innenpolitische Probleme eine äußerst bedenkliche Perspektive ist. Kriege bringen Leid, Zerstörung und menschliches Leid mit sich, und sie sollten niemals als Mittel zur Stimulierung der Wirtschaft oder zur Ablenkung von anderen Problemen betrachtet werden. Statt nach solchen gefährlichen Lösungen zu suchen, sollten wir uns darauf konzentrieren, friedliche und nachhaltige Ansätze zu finden, um wirtschaftliche Stabilität und Wohlstand für alle zu fördern. Daran arbeiten derzeit auch die USA und China, die laut US-Außenminister Blinken ihre angespannten Beziehungen stabilisieren wollen. Es bleibt zu hoffen, dass besonnene Entscheidungen und der Dialog zwischen den beteiligten Parteien den Weg zu einer friedlichen und diplomatischen Lösung ebnen.

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