ROUNDUP: Teure Energie, leere Staatskasse - Chemiebranche mit wenig Zuversicht

dpa-AFX

Veröffentlicht am 15.12.2023 13:41

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie erwartet nach einem Krisenjahr keine rasche Erholung 2024. Sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Erwartungen für die kommenden Monate seien negativ, erklärte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) am Freitag in Frankfurt. Die Hoffnungen auf eine Belebung der Konjunktur habe sich nicht erfüllt, sagte VCI-Präsident Markus Steilemann. "Wir befinden uns mitten in einem tiefen, langen Tal. Und noch ist unklar, wie lange wir es durchschreiten müssen."

Steilemann warnte vor dem weiteren Abschalten von Chemieanlagen in Deutschland und verstärkten Investitionen im Ausland. Energie sei weiter zu teuer und mit der Haushaltskrise drohten nun noch höhere Stromkosten, da Bundeszuschüsse für die Netzengelte entfallen sollen. Ohnehin seien Strompreise für Großkunden hierzulande fast viermal so hoch wie in den USA und knapp doppelt so hoch wie in Frankreich.

Für das kommende Jahr ist die Chemie- und Pharmabranche pessimistisch. Der VCI erwartet, dass der Umsatz 2024 um drei Prozent sinkt. Die Produktion der drittgrößten deutschen Industriebranche nach dem Auto- und Maschinenbau werde wohl stagnieren. Die konjunktursensible Chemie werde es dabei stärker treffen. Steilemann forderte einen Bürokratieabbau, schnellere Genehmigungen, mehr Digitalisierung und ein Priorisieren bei den Staatsausgaben. "Klar ist: Zeit der vollen Kassen und Sondervermögen ist vorbei."

Wenig Zuversicht für 2024, aber Hoffen auf das zweite Halbjahr

Die Chemie- und Pharmaindustrie hat schwierige Zeiten hinter sich. Der Preisanstieg bei Strom und Gas im Zuge des Ukraine-Kriegs haben der energieintensiven Branche zu schaffen gemacht wie kaum einer anderen in Deutschland. Zudem bleiben wegen der schwachen Wirtschaft die Aufträge von Industriekunden weg. Gerade die konjunktursensible Chemiebranche als Lieferant etwa für die kriselnde Baubranche spürt den schwachen Heimatmarkt. In der Folge brachen Produktion und Umsatz ein, wenn auch von sehr hohem Niveau kommend.

In diesem Jahr fiel der Umsatz um 12 Prozent auf rund 230 Milliarden Euro, schätzt der VCI. Die Produktion sank um 8 Prozent - und in der Chemie allein um 11 Prozent. Die Kapazitäten der Branche blieben mit durchschnittlich rund 77 Prozent nicht ausgelastet.

Folgen für Arbeitnehmer in Deutschland

Am Chemiestandort Deutschland hat die Krise Spuren hinterlassen, die die Beschäftigten längst spüren. Branchenprimus BASF (ETR:BASFN) etwa reagiert mit dem Abbau Tausender Jobs, legt energieintensive Anlagen im Stammwerk Ludwigshafen still und gliedert mehrere Sparten aus. Auch andere Chemiefirmen wie Evonik (ETR:EVKn) haben Sparprogramme aufgelegt. Die Pharmaindustrie wiederum bekommt das Ende des Booms um Corona-Impfstoffe zu spüren - allen voran der Mainzer Hersteller Biontech (NASDAQ:BNTX) , aber auch Laborzulieferer wie Sartorius (ETR:SATG) und Merck (ETR:MRCG).

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden

Die Hoffnung auf eine schnelle Erholung der Chemiebranche hat sich zerschlagen. In einer VCI-Mitgliederumfrage unter rund 350 Unternehmen rechnen 45 Prozent frühestens 2025 mit einer Besserung. Ein Drittel erwartet immerhin eine Erholung im zweiten Halbjahr 2024, lediglich 13 Prozent sieht sie bereits im ersten Halbjahr.

In der Umfrage beklagen knapp 40 Prozent der Unternehmen deutliche Gewinnrückgänge. Rund 15 Prozent schreiben demnach rote Zahlen. Auf der anderen Seite stehen 35 Prozent mit stabilen Geschäften. "Je länger diese Situation anhält, desto mehr müssen wir damit rechnen, dass weitere Anlagen stillgelegt werden", warnte Steilemann. Auch ein Personalabbau sei nicht mehr auszuschließen. In diesem Jahr blieb die Beschäftigung hierzulande aber stabil bei rund 477 000 Menschen.

Hoffnungszeichen für krisengebeutelte Branche

Zuletzt hat sich die Lage der Chemie- und Pharmaindustrie immerhin etwas aufgehellt. So hat sich das Sinken der Preise etwas abgeschwächt, sodass der Umsatz dieses Jahr nicht ganz so stark sank wie vom VCI zunächst befürchtet. Zudem sind die Energiepreise an den Börsen seit den Spitzen während der Gaskrise 2022 deutlich gefallen.

Auch die Stimmung besserte sich zuletzt etwas. Das Geschäftsklima in der Chemie stieg laut Ifo-Institut im November den dritten Monat in Folge, wenn auch von niedrigem Niveau aus. Die internationale Konkurrenz, die teils von weitaus billigerer Energie profitiert, bereitet der deutschen Chemiebranche aber weiter große Sorgen.

Die Bundesregierung hat energieintensiven Firmen einen verbilligten Strompreis gewährt - die Chemiebranche aber hatte sich mit einem breiten staatlich subventionierten Industriestrompreis mehr erhofft. Das Strompreispaket sei keine nennenswerte Entlastung, monierte Steilemann. "Hier hat uns die Bundesregierung im Stich gelassen.

Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.

Abmelden
Sind Sie sicher, dass Sie sich abmelden möchten?
NeinJa
AbbrechenJa
Veränderung wird gespeichert