ROUNDUP: Forscher zweifeln an Durchschlagskraft von Klimagipfeln

dpa-AFX

Veröffentlicht am 21.11.2022 11:38

POTSDAM/SCHARM EL SCHEICH (dpa-AFX) - Angesichts der wenigen Fortschritte im Kampf gegen den drohenden Klimakollaps zweifeln Wissenschaftler an der Durchschlagskraft von Klimakonferenzen in ihrer derzeitigen Form. Eine Allianz (ETR:ALVG) der größten Verursacher von Treibhausgasen sei möglicherweise effizienter, als mit so vielen Ländern wie möglich um Einigungen zu ringen, sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Johan Rockström, nach dem Ende des Mammuttreffens im ägyptischen Scharm el Scheich der Deutschen Presse-Agentur. Rockström beklagte zudem, dass die Wissenschaft eine "viel zu schwache Stimme" in den Verhandlungen habe.

Die zweiwöchigen Verhandlungen in Ägypten hatten lediglich bei den Finanzhilfen für ärmere Staaten einen echten Fortschritt gebracht. Bei der dringend notwendigen Senkung klimaschädlicher Treibhausgase dagegen kamen die etwa 200 Staaten nicht voran. Nicht nur Wissenschaftler und Umweltorganisationen äußerten sich darüber enttäuscht, sondern auch die EU-Kommission und die Bundesregierung.

"Bei dem, was auf dem Spiel steht, sind die Ergebnisse des Gipfels einfach nicht gut genug", bilanzierte der Forscher. Deutschland und die EU müssten nun versuchen, mit den USA und China zusammenzuarbeiten, um Fortschritte zu erzielen. Mit so vielen Ländern wie möglich um Einigungen zu ringen, wie es auf den Klimakonferenzen geschehe, sei zwar gut, aber eine Allianz der größten Verursacher von Treibhausgasen möglicherweise effizienter.

"Ich denke, dass wir den ganzen Prozess der Klimakonferenzen reformieren müssten, um gehaltvollere Ergebnisse in den Verhandlungen zu bekommen." Vielen Diplomaten sei nicht klar, wann welche Klimafolgen in welchem Ausmaß zu erwarten seien, beklagte Rockström. "Die Entscheider brauchen vermutlich eher mehr Wissenschaft am Verhandlungstisch, nicht weniger", sagte Rockström.

Seine Vision: Die Verhandler der Staaten sollten anders als bisher tägliche Briefings zum aktuellen Forschungsstand zu Klimarisiken, Kipppunkten und anderen wichtigen Feldern bekommen - und vor diesem Hintergrund die Maßnahmen und Ziele ihrer Staaten verteidigen müssen. Außerdem sei in den Arbeitsgruppen ein engerer Austausch zwischen Verhandlern und Wissenschaftlern vonnöten.

Auch der Klimaexperte Mojib Latif hält Klimakonferenzen in ihrer derzeitigen Form nicht für zielführend. Weil bei UN-Verhandlungen stets das Prinzip der Einstimmigkeit gelte, könne man sich immer nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, beklagte Latif, der am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (Geomar) forscht. Länder wie Deutschland oder die USA, die wirklich Klimaschutz betreiben wollten, müssten sich zu einer "Allianz der Willigen" zusammentun und Maßnahmen umsetzen, forderte er am Montag im Deutschlandfunk.

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden

Die Bundesregierung zog eine gemischte Bilanz der Klimakonferenz. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) bezeichneten die Einigung auf einen neuen Fonds zum Ausgleich für Klimaschäden in ärmeren Staaten als Durchbruch, bedauerten aber den mangelnden Fortschritt beim Klimaschutz.

"Ich bin noch nie mit so gemischten Gefühlen von einer Klimakonferenz zurückgekommen", sagte Entwicklungsstaatssekretär Jochen Flasbarth am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Einerseits sei es mit Blick auf den Fonds für Klimaschäden und Verluste "ein Klimagipfel der Solidarität". "Andererseits ein Klimakipfel der Kleinmütigkeit, was die Klimaschutzfortschritte im Verhandlungsprozess angeht", sagte Flasbarth.

Zudem kritisierte er eine "große Verantwortungslücke" Chinas und der USA. China, das beim Ausstoß klimaschädlicher Emissionen den ersten Platz belegt, will im internationalen Klimaschutz weiter als Entwicklungsland behandelt werden. "China wird es nicht mehr gelingen (...) sich sozusagen auf der Augenhöhe von Südsudan oder Burundi zu präsentieren", sagte Flasbarth. Peking müsse ganz klar einer der Financiers für die Klimaschäden und Verluste in anderen Ländern sein.

Ein negatives Fazit zog der Präsident des Naturschutzbundes (Nabu), Jörg-Andreas Krüger. "Mit der Einigung zur Finanzierung von Schäden und Verlusten wurde ganz am Ende noch ein großer Schritt nach vorn gemacht. Allerdings ohne Raumgewinn", erklärte er. Es sei zunehmend unwahrscheinlich, dass das 1,5-Grad-Limit noch zu halten ist. "Die Staaten konnten und wollten sich nicht auf einen einigen. Auch Deutschland hat sich hier mit seiner aktuellen Gas-Einkaufstour als schlechtes Vorbild präsentiert", kritisierte Krüger.

Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.

Abmelden
Sind Sie sicher, dass Sie sich abmelden möchten?
NeinJa
AbbrechenJa
Veränderung wird gespeichert