ROUNDUP 2/EuGH: Polnische Justizreform verstößt gegen EU-Recht

dpa-AFX

Veröffentlicht am 05.06.2023 17:31

Aktualisiert 05.06.2023 17:45

(neu: mehr Details und Hintergrund)

LUXEMBURG (dpa-AFX) - Polen hat im Streit mit der EU um die Unabhängigkeit von Richtern vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine endgültige Niederlage erlitten. Nach einem am Montag verkündeten Urteil verstoßen Bestimmungen der polnischen Justizreform von 2019 gegen EU-Recht. Das Gericht in Luxemburg gab damit einer Klage der EU-Kommission statt. Dabei ging es etwa darum, dass polnische Gerichte kein EU-Recht mehr prüfen konnten, ohne ein Disziplinarverfahren zu riskieren - oder darum, dass Richter Angaben zu politischen Aktivitäten machen mussten.

Polens nationalkonservative Regierung baut die dortige Justiz seit Jahren ungeachtet internationaler Kritik um. Die EU-Kommission klagte mehrfach gegen die Reformen. Teilweise wurden Beschlüsse vom EuGH gekippt.

Der EuGH gab der EU-Kommission nun größtenteils Recht. Die polnischen Regeln gewährleisteten keinen Zugang zu einem unabhängigen und unparteiischen Gericht. Dazu gehöre, dass nationale Gerichte überprüfen können, ob sie selbst oder andere Gerichte den EU-weit im Unionsrecht vorgesehenen Anforderungen genügten. Wenn Richter stets Sorge haben müssten, zur Rechenschaft gezogen zu werden, wenn sie EU-Recht anwenden, könnte dies deren Unabhängigkeit beeinträchtigen. Dass Richter Mitgliedschaften in einem Verein oder einer Partei angeben müssten und die Daten veröffentlicht würden, verletze die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens.

Die EU-Kommission begrüßte das Urteil: "Heute ist ein wichtiger Tag für die Wiederherstellung der unabhängigen Justiz in Polen", sagte Justizkommissar Didier Reynders. Die Kommission ist als Hüterin der EU-Verträge dafür zuständig, zu überwachen, dass die Staaten sich an EU-Recht halten. Sie verklagt immer wieder auch Deutschland vor dem EuGH, um die Einhaltung von EU-Recht zu erzwingen. Der Deutsche Richterbund wertete das Urteil als "klare Aufforderung an die polnische Regierung, das Rechtssystem Polens endlich wieder strikt an den Grundwerten der EU auszurichten".

Aus Polen hingegen kam erwartungsgemäß Kritik. "Das Urteil wurde nicht von Richtern geschrieben, sondern von Politikern. Es ist ein klarer Verstoß gegen die europäischen Verträge, ein Übergriff des EuGH in Kompetenzen, die er nicht hat", sagte Justizminister Zbigniew Ziobro. "Es gibt kein Land auf der Welt, in dem Richter den Status anderer Richter hinterfragen können."

Das Urteil hat auch Auswirkungen auf ein zuvor schon im Eilverfahren verhängtes Zwangsgeld. Während des laufenden Verfahrens wurde Polen verurteilt, täglich eine Million Euro Zwangsgeld zu zahlen, weil die Regierung in Warschau frühere EuGH-Urteile nicht umgesetzt hat. Diese Verpflichtung endet mit dem jetzigen Urteil; Polen muss aber weiter die geschuldeten Zwangsgelder aus der Vergangenheit zahlen. Die Strafe wurde im Frühjahr halbiert, weil die Regierung inzwischen einige Änderungen an der Reform vorgenommen hat.

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden

Aus Sicht der EU reichen diese Änderungen allerdings nicht aus. Weitere Verfahren sind schon abzusehen: Im Februar verklagte die EU-Kommission Polen erneut wegen Verstößen gegen EU-Recht durch den polnischen Verfassungsgerichtshof. Für Warschau sind die Verfahren heikel, denn es geht inzwischen auch um viel Geld: Die EU-Kommission hält mehrere Milliarden Euro aus dem Corona-Aufbaufonds für Polen zurück, weil sie Zweifel am dortigen Justizsystem hat.

Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.

Abmelden
Sind Sie sicher, dass Sie sich abmelden möchten?
NeinJa
AbbrechenJa
Veränderung wird gespeichert