ROUNDUP 2/'Black Thursday': Gasrechnungen für Millionen Briten explodieren

dpa-AFX

Veröffentlicht am 03.02.2022 14:35

Aktualisiert 03.02.2022 14:45

(neu: Entscheidung Bank of England im 6. Absatz)

LONDON (dpa-AFX) - Etwa 22 Millionen britische Privathaushalte müssen bald Hunderte Pfund mehr für Gas und Elektrizität bezahlen. Die Aufsichtsbehörde Ofgem erhöhte die Höchstgrenze für Energiepreise um 54 Prozent auf durchschnittlich 1971 Pfund (2370 Euro) pro Haushalt im Jahr. Verbraucherinnen und Verbraucher erlebten einen "schwarzen Donnerstag", schrieb die Boulevardzeitung "The Sun". Die Denkfabrik Resolution Foundation warnte, mit der Anhebung werde jeder vierte Haushalt in Energiearmut gestürzt.

Zwar kündigte die Regierung kurzfristig Hilfen vor allem für ärmere Menschen an. So soll die Gemeindesteuer für viele Haushalte sinken, wie Finanzminister Rishi Sunak am Donnerstag im Parlament sagte. Außerdem ist ein Nachlass von 200 Pfund geplant, der erst später gezahlt werden muss. Das einst von Premierminister Boris Johnson gegebene Versprechen, nach dem Brexit die Mehrwertsteuer auf Energierechnungen zu streichen, gehört aber nicht dazu. Die Organisation End Fuel Poverty Coalition sprach von einem Tropfen auf den heißen Stein. Die neue Preisobergrenze sei für Millionen Menschen landesweit "verheerend bis katastrophal".

Mit dem "Energy Price Cap" legt Ofgem fest, wie viel Geld die Versorger im Grundtarif für Gas und Elektrizität verlangen dürfen. Seit Oktober 2021 lag diese Grenze bei 1277 Pfund im Jahr.

Weltweit sind die Energiepreise zuletzt erheblich gestiegen. Gründe sind unter anderem eine erhöhte Nachfrage aus Asien und die geopolitischen Spannungen etwa um die Ukraine, einem wichtigen Gastransitland. In Deutschland hatte das Bundeskabinett erst am Mittwoch einen Heizkostenzuschuss für 2,1 Millionen Bürger beschlossen. Großbritannien ist aber besonders betroffen: Es ist einer der größten Erdgasverbraucher in Europa, hat aber deutlich weniger Speicherkapazitäten als viele andere Staaten.

Die Living Cost Crisis, also die Lebenshaltungskostenkrise, ist schon seit längerem absehbar. Im Sommer gingen rund zwei Dutzend Versorger pleite, die einst mit billigen Verträgen Kunden angelockt hatten und nun die steigenden Großmarktpreise nicht mehr bezahlen konnten. Etwa 3,8 Millionen Verbraucher wechselten zwangsweise in meist deutlich teurere Verträge anderer Anbieter.

Die explodierenden Energiekosten sind nicht die einzige Belastung für britische Haushalte. So steigen auch die Preise für Konsumgüter seit Monaten. Experten erwarten, dass die Inflationsrate bald bei 6 Prozent liegt. In einem Versuch des Gegensteuerns erhöhte die Bank of England am Donnerstag den Leitzins von 0,25 auf 0,5 Prozent.

Doch nicht nur die Inflation legt zu. Die Regierung will zum 1. April- also parallel zur Erhöhung der Energiepreis-Grenze - die Steuernund Abgaben kräftig anheben. Die Sozialversicherungsbeiträge steigen um 1,25 Prozent, die gesamte Steuerlast ist so hoch wie seit 70 Jahren nicht mehr. Damit wollen Premierminister Johnson und Finanzminister Sunak, die sich kürzlich als "steuersenkende Konservative" bezeichneten, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie schultern.

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In der Wirtschaft kommt die Strategie nicht gut an. Die Regierung riskiere einen Teufelskreis aus hohen Steuern und geringem Wirtschaftswachstum, sagte der Chef des Industrieverbandes CBI, Tony Danker. "Wir stecken in der Falle." Die Opposition wirft Johnson vor, die Bevölkerung auszuquetschen - anstatt Energiekonzerne zur Kasse zu bitten. So habe die Regierung darauf verzichtet, eine Zusatzsteuer auf den Gewinn von Öl- und Gasunternehmen zu erheben und genehmige Steuersenkungen für Banken. Damit hätten Milliarden eingenommen werden können, sagte Oppositionsführer Keir Starmer. Der Energieriese Shell (7:SHEL) teilte am Donnerstag mit, dass sich sein Quartalsgewinn dank gestiegener Öl- und Gaspreise vervierzehnfacht habe.

Die Anbieter sehen sich zwischen allen Stühlen. "Wegen der Preisobergrenze, verlieren derzeit die meisten Versorger zwischen 300 und 400 Pfund pro Kunde" und Jahr, sagte Emma Pinchbeck, die Chefin des Branchenverbands Energy UK, der BBC. "Die Gesamtgewinnmarge für den Energieeinzelhandel lag in den vergangenen zwei Jahren bei minus 1 Prozent." Die meisten Unternehmen verlören fortwährend Geld.

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