Inflationsschock: EZB und Fed können nicht gewinnen – Game-Over

Investing.com  |  Autor Marco Oehrl

Veröffentlicht am 29.06.2023 16:18

Investing.com – Im März 2022 hat die Fed damit begonnen, den Kampf gegen die Inflation aufzunehmen und die Zinsen in Rekordtempo von 0,25 Prozent auf 5,25 Prozent anzuheben. Die Inflation verlangsamte sich von 8,5 Prozent auf 4,0 Prozent, doch die Kerninflation hält sich hartnäckig bei 5,3 Prozent. Ein Grund, warum der Fed-Vorsitzende Jerome Powell seit Monaten propagiert, dass die Zinsen für einen längeren Zeitraum hoch bleiben werden.

Dass die Inflation genau dies nötig macht, liegt auf der Hand, aber die US-Zentralbank muss auch im Auge behalten, dass ihre Geldpolitik den Bundeshaushalt nicht sprengt. Doch genau dieses Problem wird mit jedem Monat hoher Zinsen dringlicher, wie Michael Maharrey in seinem jüngsten Artikel erläuterte .

Maharrey schreibt, dass es noch keinen Monat her ist, dass sich Republikaner und Demokraten auf eine Aussetzung der Schuldenobergrenze einigten. Doch in diesen wenigen Wochen nahm das US-Finanzministerium bereits neue Schulden in Höhe von 700 Milliarden Dollar auf, womit sich der Schuldenberg auf mittlerweile über 32 Billionen Dollar beläuft.

Schulden, welche das Land immer teurer zu stehen kommen, denn die Zinszahlungen nehmen mit dem hohen Fed-Leitzins kontinuierlich zu. Maharrey verweist darauf, dass diese von jährlich 350 Milliarden Dollar Anfang 2022 auf mittlerweile 600 Milliarden Dollar gestiegen sind.

Durchschnittlich liegt der Zinssatz für den Schuldenberg noch bei unter 2 Prozent, denn viele der langfristig verkauften Staatsanleihen wurden mit niedrigen Renditen veräußert.

Mittlerweile sieht das jedoch ganz anders aus. Maharrey erläutert, dass das Finanzministerium am 26. Juni Staatsanleihen mit Laufzeiten von drei Monaten bis zwei Jahren im Wert von 120 Milliarden Dollar verkaufte. Die dafür aufgerufenen Renditen lagen zwischen 4,67 und 5,45 Prozent.

Gleichzeitig nimmt jedoch die Nachfrage nach Staatsanleihen ab. Die Fed verringert ihre Bilanz um monatlich 60 Milliarden Dollar. Daten des Finanzministeriums zeigen, dass ausländische Käufer ihre Bestände ebenfalls zurückfahren und selbst die US-Banken stoßen Staatsanleihen ab, um die Risiken in ihren Bilanzen zu senken.

Die Bank of America (NYSE:BAC) spricht bereits von einem "Nachfragevakuum" für Staatsanleihen, wie Maharrey feststellt. Und für dieses Nachfrageproblem gibt es nur eine Lösung, die Renditen müssen erhöht werden.

Denn auf der Jagd nach Rendite wird sich der Finanzmarkt wieder auf US-Staatsanleihen besinnen, vorrangig bei langfristigen Staatsanleihen wie den zehnjährigen, deren aktuelle Rendite von 3,71 Prozent auf kein großes Interesse stößt.

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Für die US-Regierung und den Haushalt wird das jedoch bedeuten, dass man langfristig einen größeren Schuldendienst leisten muss. Prognosen besagen, dass schon bald jährliche Zinszahlungen in Höhe von 1 Billion Dollar fällig werden, Geld, das dem Staat an anderer Stelle fehlt.

Anhand dieser Daten kommt Maharrey zu der Erkenntnis, dass sich die USA höhere Zinsen für eine längere Zeit gar nicht leisten können. Und so dürfte Powell dem Ruf des Marktes folgen und die Zinsen senken, unabhängig davon, wie hoch die Inflation ist.

Mit diesem Problem sind die USA jedoch nicht allein, denn die EZB steht vor einer ähnlichen Herausforderung.

Die Wirtschaft befindet sich in einer Rezession, die Inflation ist hoch und die Geopolitik ist alles andere als ein wirtschaftsfreundliches Umfeld. Hinzu kommt die Klimakrise, die in den nächsten Wochen die europäische Wirtschaft erneut mit großen Lieferengpässen konfrontieren dürfte.

Ein Teil des für die Binnenschifffahrt wichtigen Rheinabschnitts bei Kaub erreichte ein für diese Jahreszeit sehr niedrigen Wasserpegel. Seit 30 Jahren war der Wasserstand nicht mehr auf 1,26 Meter gefallen. Somit drohen in diesem Sommer erneut erhebliche Einschränkungen im Schiffsverkehr, wie sie es erst im vergangenen Jahr gegeben hat.

Uniper (ETR:UN01) warnte bereits im letzten Jahr vor Energieproblemen, denn wenn das Wasser des Rheins versiegt, müsse mindestens ein Kraftwerk heruntergefahren werden.

Schon jetzt hat der niedrige Pegel Auswirkungen auf den Transport von Heizöl aus Rotterdam, wie Riverlake Barging bekannt gab. Innerhalb einer Woche sind die Transportmengen pro Frachter von 2.000 Tonnen auf 1.200 Tonnen reduziert worden.

Können Kraftstoffe und Industriegüter gar nicht mehr transportiert werden, dann hat das unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung und auch die Inflation.

Und muss sich die EZB entscheiden: Zinsen hoch lassen, Inflation bekämpfen und Rezession in Kauf nehmen, oder Zinsen senken, Wirtschaft ankurbeln und der Inflation freien Lauf lassen.

Aus Sicht der Politik ist das Ende der Zinserhöhungen ohnehin gekommen, wie aus den Euro-Mitgliedsstaaten von Portugal bis Italien zu hören ist. Und so deutet vieles darauf hin, dass die Inflation nicht verschwindet, sondern ein treuer Wegbegleiter werden wird.

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