EZB-Zinserhöhung um 50 Basispunkte ist beschlossene Sache - aber was kommt danach?

Investing.com  |  Autor Robert Zach

Veröffentlicht am 02.02.2023 08:48

Investing.com - Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt ihren Kampf gegen die Inflation heute voraussichtlich mit einer weiteren 50 Basispunkte-Zinserhöhung fort, auch wenn sich die Anzeichen mehren, dass die Eurozone das Schlimmste wohl schon hinter sich hat.

Nach Russlands Invasion in der Ukraine, die zu einem drastischen Preisanstieg bei Energie und Lebensmitteln im gesamten Euro-Währungsgebiet führte, startete die EZB letztes Jahr den aggressivsten geldpolitischen Straffungszyklus ihrer Geschichte.

Seit Juli hat sie die Leitzinsen um 250 Basispunkte angehoben, um den Preisanstieg einzudämmen, der im Oktober mit 10,6 Prozent nicht nur den höchsten Stand seit der Euro-Einführung erreichte, sondern auch das Ziel der Zentralbank um das Fünffache übertraf.

Zwar liegt die Inflation nach wie vor deutlich über dem EZB-Ziel von 2 Prozent, doch hat sie sich in den letzten drei Monaten kontinuierlich abgeschwächt.

Gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhten sich die Verbraucherpreise nach vorläufigen Schätzungen um 8,5 Prozent im Januar, wie das Statistikamt Eurostatt am Mittwoch mitteilte . Im Dezember lag die Teuerung noch bei 9,2 Prozent.

Entlastung kam vor allem aus dem Energiebereich, wo sich der jährliche Preisanstieg von 25,5 Prozent im Dezember auf 17,2 Prozent verlangsamte. Gleichwohl hielt sich die Kerninflation auf hartnäckig hohem Niveau - ein Beleg dafür, dass der Preisdruck auf andere Produkte übergesprungen ist und an Breite gewonnen hat, wie das Ifo-Institut gestern feststellte .

In puncto Wirtschaftswachstum sehen die Dinge für die Eurozone dagegen gar nicht so düster aus wie zunächst angenommen. Für die Eurozone prognostiziert der IWF nun ein BIP-Wachstum von 0,7 Prozent in diesem Jahr - gegenüber 0,5 Prozent in der vorherigen Prognose - und 1,6 Prozent im Jahr 2024 prognostiziert.

Der IWF verweist in seiner jüngsten Prognose auf die Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der europäischen Wirtschaft vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, der Energiekrise und der steigenden Inflation, warnt jedoch, dass die Risiken und die Ungewissheit weiterhin hoch sind.

Die Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft spricht laut Pantheon Macroeconomics aber dafür, "dass die EZB in diesem Jahr weitere Zinserhöhungen vornehmen wird."

EZB-Chefin Christine Lagarde betonte bei ihren letzten Auftritten immer wieder, dass die Inflation nach wie vor zu hoch sei und die Zinsen weiter erheblich in einem stetigen Tempo steigen müssten, um hinreichend restriktive Niveaus zu erreichen. Dort müssten sie dann auch so lange wie nötig bleiben. "Wir bleiben auf Kurs, um eine rechtzeitige Rückkehr der Inflation zu unserem Ziel sicherzustellen", sagte sie.

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Eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte auf der heutigen Sitzung gilt unter Marktteilnehmern als sicher. Viel interessanter dürfte es daher sein, wie Lagarde und ihre Kollegen den weiteren Zinspfad einschätzen.

"Während die Märkte Powells Kommentare gestern als überwiegend dovish beurteilten, dürfte Lagarde heute einen eher hawkishen Ton anschlagen und den Markt auf weitere Zinserhöhungen im Frühjahr einstimmen", hieß es bei der Danske Bank (CSE:DANSKE).

EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta, der in das Lager der geldpolitischen Tauben gehört, sagte jüngst, die Notenbank solle sich nicht auf eine bestimmte Zinsanhebung nach der bevorstehenden Sitzung festlegen.

Finnlands Notenbankchef Oli Rehn meinte dagegen, dass die Europäische Zentralbank die Leitzinsen in den nächsten Sitzungen noch "deutlich" anheben müsse, um das Wachstum zu dämpfen und die viel zu hohe Inflation einzudämmen.

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel erklärte in einem Interview mit dem 'Der Spiegel', er wäre "nicht überrascht, wenn die Zinsen nach März weiter erhöht werden müssten".

Und Chefvolkswirt Philip Lane ging sogar noch einen Schritt weiter und warnte, dass der Preisdruck auch nach der Entspannung auf dem Energiemarkt nicht verschwinden werde, da sich der Energieschock in den kommenden Jahren auch auf die Löhne auswirken dürfte.

Frankreichs Notenbankchef Villeroy de Galhau meinte in Davos, dass der Kampf gegen die Inflation "noch nicht gewonnen" sei und dass die Guidance für einen Zinsschritt um 50 Basispunkte im Februar und möglicherweise bei den nächsten Sitzungen weiterhin gültig sei.

Ebenso hawkishe Töne schlug der niederländische Notenbanker Klaas Knot am Sonntag an. Er sagte, dass "wir noch weit von dem Punkt entfernt sind", an dem die EZB zu Erhöhungen um 25 Basispunkte übergehen kann.

Die Märkte gehen indes davon aus, dass eine Anhebung um 25 Basispunkte im Mai das Ende des Zinserhöhungszyklus der EZB markieren wird und dass die Leitzinsen dann etwa ein Jahr lang konstant auf dem aktuellen Niveau bleiben werden, bevor die EZB ihre Geldpolitik wieder lockert.

Ein weiterer Schwerpunkt der EZB-Sitzung heute sind Details zur quantitativen Straffung, zumal es in der letzten Sitzung hieß, es würden "die genauen Parameter für die Verringerung der APP-Bestände" auf der heutigen Sitzung bekannt gegeben.

Die EZB gab im Dezember bekannt, dass sie ab März die Bestände aus dem APP in einem "maßvollen und vorhersehbaren Tempo reduziert". Demnach sollen die Bestände aus dem Programm bis zum Ende des zweiten Quartals 2023 monatlich im Schnitt um 15 Milliarden Euro reduziert werden. "Das Tempo danach wird im Zeitverlauf festgelegt", hieß es .

von Robert Zach

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