Börse Frankfurt-News: "Lieferengpässe über Lieferengpässe" (Scale-Marktbericht)

dpa-AFX

Veröffentlicht am 15.06.2022 09:39

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 14. Juni 2022. FRANKFURT. Der Wind bleibt rau an den Aktienmärkten. Nur wenige Scale-Titel können sich halten, das Thema der Stunde sind die Lieferengpässe. Ein aufgehender Stern ist das Biotech-Unternehmen Formycon - mit einem Kursplus von 26 Prozent seit Jahresanfang. Drei Fragen gehen diesmal an Johannes Heckmann, Vorstandsvorsitzender von Nabaltec.

Hohe Inflation, drohende Rezession, Kehrtwende der Notenbanken und stockende Lieferketten - auch das Scale-Segment ist betroffen. Der Scale All Share hat im Vergleich zum Vormonat abermals verloren. Am Dienstagmorgen liegt der Index, der alle Scale-Mitglieder abbildet, bei 1.594 Punkten, vor einem Monat waren es 1.618 Punkte. Der Auswahlindex Scale 30 notiert aktuell bei 1.297 Punkten nach 1.365 Mitte Mai.

Biotech-Wert Fomycon zieht ab

Doch es gibt Ausnahmen: Dazu gehört das Biotech-Unternehmen Formycon (4:FYB). Der Kurs ist von rund 58 Euro Anfang Januar auf 73 Euro gestiegen, im kürzlich erreichten Allzeithoch waren es sogar 82,70 Euro. Das Unternehmen aus Martinsried bei München entwickelt Biosimilars, das sind kostengünstige biopharmazeutische Nachfolgeprodukte. In Kürze soll mit FYB201 ein erstes Produkt in den USA und Europa zugelassen werden, die britische Arzneimittelbehörde hat ihr OK bereits erteilt.

Formycon ist sehr optimistisch für die Zukunft: "Mit dem antizipierten Kommerzialisierungsstart von FYB201 noch in diesem Jahr erwarten wir die ersten Einnahmen aus Kommerzialisierungserlösen. Wir schaffen damit die Grundlage für nachhaltiges Wachstum und eine beschleunigte Umsetzung unserer Wachstumsstrategie", erklärte CFO Nicolas Combé bei der Präsentation der Zahlen für 2021.

Deutsche Rohstoff mit Kursverdopplung

Immer neue Höhen erklimmt auch die Aktie der Deutschen Rohstoff AG (4:DR0G). Mittlerweile kostet sie 32 Euro, vor einem Jahr waren es knapp 16 Euro. Für das laufende Jahr erwartet der Vorstand einen weiteren deutlichen Sprung bei Umsatz und Ebitda, das erste Quartal lief bereits sehr gut. Das Mannheimer Unternehmen identifiziert, entwickelt und veräußert Rohstoffvorkommen in Nordamerika, Australien und Europa, Schwerpunkt sind Öl- und Gaslagerstätten in den USA.

Auf Sicht von zwölf Monaten weist die Deutsche Rohstoff AG mittlerweile die beste Kursentwicklung aller Scale-Mitglieder auf. Auf den Plätzen zwei bis sechs folgen die Reederei Ernst Russ (104:HXCKk), die Hamburger Mediengruppe Edel SE (4:EDLG),Beta Systems Software (104:BSSG), der Finanzinvestor für Gewerbeimmobilien Publity (4:PBYG) und Formycon.

2G-Aktiensplit kommt

Zumindest mehr oder weniger konstant gehalten hat sich die Aktie von 2G Energy (4:2GBG). Sie wird aktuell zu 100 Euro gehandelt, Ende 2021 waren es 105 Euro. Der Blockheizkraftwerksanbieter gilt eigentlich als Profiteur der Energiewende: Dessen mit Erdgas betriebenen Anlagen arbeiten effizient und können darüber hinaus auch auf Wasserstoff und Biogas umgerüstet werden. Dem Unternehmen machen aber Ukraine-Krieg sowie Lieferkettenprobleme etwas zu schaffen.

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Auf der Hauptversammlung am 3. Juni wurde dem vorgeschlagenen Aktiensplit zugestimmt. Der soll über eine Kapitalerhöhung und die Ausgabe neuer Aktien erfolgen. Auf eine alte Aktie werden dann zusätzlich drei Aktien ausgegeben. Entsprechend verringern wird sich der Aktienkurs. Über das Datum der Umsetzung will 2G noch informieren.

Veganz: Traurige Parallele zu Beyond Meat und Oatly

Nicht so rund läuft es für Veganz, eigenen Angaben zufolge der "einzige Multikategorie-Anbieter für vegane Lebensmittel in Europa". Eigentlich sollte der Trend zu veganer Ernährung dem 2011 in Berlin gegründeten Unternehmen zugutekommen. Doch der Kurs ist eingebrochen, aktuell geht die Aktie nur noch zu 16,50 Euro über den Tisch. Der Ausgabekurs beim Börsengang im November 2021 lag bei 87 Euro. Auch Veganz leidet unter gestörten Lieferketten und dem Ukraine-Krieg, der Umsatz im ersten Quartal ging deutlich zurück. Es sei "nahezu unmöglich" gewesen, Veganz-Produkte neu in die Läden zu bringen oder Werbeaktionen im Discounter-Bereich durchzuführen, hieß es. Der Lebensmitteleinzelhandel habe sich ganz auf die Sicherstellung der Grundversorgung konzentriert.

Für das Gesamtjahr 2022 rechnet das Unternehmen mit einem leichten Umsatzrückgang und einem leicht verringerten Ebitda. "Eine schöne Geschichte macht noch kein gutes Investment", kommentierte die Wirtschaftswoche und verwies auf die ebenfalls enttäuschende Performance von Beyond Meat (2:BYND), dem US-Anbieter von Fleischersatz, und Oatly (2:OTLY), dem schwedischen Anbieter von Milchersatzprodukten.

Nabaltec: Mehr E-Autos, mehr Nachfrage

Auch Nabaltec könnte von der Energiewende profitieren. Denn das Unternehmen produziert - unter anderem ­- flammhemmende Füllstoffe und Spezialoxide, die in Elektroautos zum Einsatz kommen (s. "Drei Fragen an"). Trotz jüngster Kursgewinne liegt die Aktie seit Jahresanfang im Minus, aktuell kostet sie 28,50 nach 36 Euro Anfang Januar.

Nach Ansicht von Hauck und Aufhäuser ist das viel zu wenig, die Analysten empfehlen den Titel zum Kauf und nennen ein Kursziel von 42 Euro. Sie gehen davon aus, dass der Trend zur Elektromobilität mittelfristig Wachstum und Gewinn von Nabaltec anschieben wird. Kurzfristig stünden dem allerdings noch die Lieferengpässe entgegen, die die Elektroautoproduktion derzeit bremsten. Auch die Baader Bank sieht noch Kurspotenzial und rät zum Kauf, hat das Kursziel aber von 39 auf 33 Euro gesenkt.

Drei Fragen ... diesmal an Johannes Heckmann, Vorstandsvorsitzender von Nabaltec

Die Nabaltec-Aktie hat sich seit Mitte 2020 extrem gut entwickelt, in diesem Jahr schwächelt sie trotz sehr guter Zahlen für 2021 und auch für das erste Quartal 2022 aber. Wie erklären Sie sich den Verlauf?

Die Performance der Nabaltec sollte eigentlich für eine Verbesserung des Aktienkurses sprechen. Der Kapitalmarkt ist jedoch aufgrund des Russland-Ukraine-Krieges und den damit verbundenen geopolitischen Verwerfungen stark verunsichert, und viele Kapitalanleger flüchten dann aus Small Cap Investments und eher illiquideren Titeln.

Für welches Ihrer beiden Produktsegmente "Funktionale Füllstoffe" und "Spezialoxide" bzw. für welches Produkt sehen Sie das größte Potenzial?

Grundsätzlich zeigt unser gesamtes Produktportfolio eine sehr solide Entwicklung. Böhmit aus dem Produktsegment "Funktionale Füllstoffe" sticht dabei aber besonders hervor. Als Beschichtungsmaterial in der Separatorfolie für Lithium-Ionen-Batterien, hier allen voran für die Elektromobilität, verspricht es besonderes Wachstumspotenzial. Der kürzlich gefasste Beschluss der Europäischen Kommission, bis 2035 den Verbrenner in Europa zu verbieten, verleiht dem Ganzen noch einmal Nachschub.

Aus Sicht der Anleger*innen: Was spricht für Ihre Aktie?

Ein ausgewogenes Produktportfolio mit innovativen, zukunftsträchtigen und margenstarken Produkten im Bereich halogenfreier Flammschutz und Elektromobilität lassen auch in Zukunft ein starkes organisches Wachstum des Unternehmens erwarten. Gepaart mit dem Ziel einer nachhaltig zweistelligen Ebit-Marge sehen wir hier weiterhin ein großes Potenzial in der Steigerung des Unternehmenswertes. Die Analystenprognosen unterstreichen dies.

Die Nabaltec AG mit Sitz im ostbayerischen Schwandorf ist ein Spezialchemiekonzern und entwickelt, produziert und vertreibt hochspezialisierte Produkte in den zwei Segmenten "Funktionale Füllstoffe" und "Spezialoxide". Zu den Produkten gehören umweltfreundliche, flammhemmende Füllstoffe - etwa für Kabel in Tunneln, Flughäfen, Hochhäusern und elektronischen Geräten - und funktionale Additive für die Kunststoffindustrie. Nabaltec produziert in Deutschland und den USA.

von: Anna-Maria Borse

© 14. Juni 2022, Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.

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