Börse Frankfurt-News: "Die Wandlungskraft von Unternehmen darf nicht unterschätzt

dpa-AFX

Veröffentlicht am 08.08.2022 13:11

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Fondsmanager Roger Peeters ist deutlich optimistischer als das allgemeine Sentiment, welche Folgen die drohende Energiekrise auf hiesige Unternehmen haben kann.

8. August 2022. FRANKFURT (pfp Adisory). Eine Krise reiht sich an die nächste. Nachdem bereits seit Monaten dank Vladimir Putins politisch gewollter Verknappung der Gaszufuhr Extremszenarien bis hin zu industriellem Stillstand diskutiert werden, steuern wir zudem mit Ansage auf eine Stromkrise zu. Bereits jetzt klettern die Spotpreise in unerträgliche und weiter steigende Dimensionen auf. Da können viele Politiker gerne beschwichtigen, dass wir "nur ein Gas- aber kein Stromproblem haben". Mit dem Ende der Sonnen- und Windsaison wird es spannend, erst recht wenn noch weitere Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Es wird ungemütlich bleiben für unsere Wirtschaft und Verbraucher gleichermaßen, wenn nichts getan wird.

Wenn nichts getan wird, wohlgemerkt. Dies ist aber durchaus der Fall. Gerade in der derzeitigen Phase der Unternehmensberichtssaison, in der zahllose Firmen aus den unterschiedlichsten Sektoren über ihren Geschäftsverlauf berichten und ihre Ausblicke aktualisieren, merkt man doch deutliche Veränderungen auch in der Breite. Jeder erkennt das Problem, jeder arbeitet an Lösungen im Bereich der eigenen Möglichkeiten. Und diese Lösungen sind vielfältig und natürlich oft diskutabel, etwa ob ihrer Nachhaltigkeit (z.B. wenn nun Öl und Kohle eine Renaissance erfahren). Aber es tut sich was: Energieintensive Produktion wird in andere Regionen verlagert, Energiesparpotenziale in den Unternehmen werden zur Chefsache und so intensiv erforscht, wie ich es selten gesehen habe. Frühzeitiges Hedging von Einkaufspreisen verschaffte Luft zum Atmen. Der Bau von kleinen autarken Kraftwerken in industriellen Betrieben ist ebenfalls ein großes Thema.

Natürlich ist nichts davon ein vollendeter Schutz gegen das, was an Ungemach kommen kann, und die Abhängigkeit von Dritten bleibt. Aber völlig kleinreden würde ich derartige Maßnahmen definitiv nicht. Denn wie schon bei den seit rund 2 Jahren massiv gestörten Lieferketten oder der Corona-Pandemie würde zumindest ich nicht gegen die geballte Innovations- und Veränderungskraft von Unternehmen wetten. Auch in diesen Extremphasen gab es zwar durchaus Konzerne, die schlicht auf verlorenen Posten standen und nur noch vom Staat aufgefangen werden konnten. Doch viel mehr nicht ganz frontal getroffene Firmen haben ihre Geschäftsmodelle sehr schnell und versiert umgestellt, in der Pandemie-Phase ganz wesentlich hin zu deutlich digitaleren Geschäftsmodellen. Überspitzt hat sich der nötige Wandel unter Druck massiv beschleunigt.

Und dies ist auch die Hoffnung in der aktuellen Phase. Der immense Druck, der auf vielen Unternehmen (und auch auf Privathaushalten) lastet, wird Veränderungen beschleunigen. Es gibt wohl niemanden mehr, der seinen Verbrauch an Gas und Strom nicht ganz anders hinterfragt, als in der Vergangenheit. Dass dies in der Wirtschaft mindestens genauso versiert gemacht wird wie im Privaten, hat meiner Meinung nach viel mit dem Kapitalismus zu tun, der in einer solchen Phase seine wesentliche Stärke zeigt. Analog den Menschen, die in freier Wildbahn oft ungeahnte Kräfte freisetzen können, wenn es ums Überleben geht, haben auch Unternehmen als Institutionen einen kraftvollen Drang, weiter zu existieren, ausgefüllt von Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz behalten wollen, und Eigentümern, die um ihr Kapital bangen.

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Natürlich darf man nicht naiv sein und aktuelle Probleme und Gefahren, gerade in der Geopolitik, kleinreden. Aber was ich von einer breiten Betrachtung der Unternehmenslandschaft im Sommer 2022 mitnehme, ist sicher auch nicht so fatalistisch, wie es die öffentliche Wahrnehmung oft suggeriert. Wenn die Politik den Veränderungswillen, den es nach meiner Einschätzung ganz überwiegend gibt, wahrnimmt und mit den richtigen Entscheidungen flankiert, dann wird uns das wohl nicht vor dem Abdriften in eine Rezession bewahren, kann aber dazu führen, dass die Wirtschaft nicht ausnahmslos, aber in der Breite, sogar gestärkt auch aus dieser Krise hervorgehen wird.

von Roger Peeters, 8. August 2022, © pfp Advisory

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.

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