Reuters
Veröffentlicht am 18.04.2018 16:09
Höchster Tarifabschluss im öffentlichen Dienst seit Jahren
- von Thorsten Severin
Berlin/Potsdam (Reuters) - Mit dem höchsten Abschluss seit Jahren haben die Tarifparteien im öffentlichen Dienst neue Streiks abgewendet und hoffen so auch attraktiver für Fachkräfte zu werden.
Die rund 2,3 Millionen Beschäftigten erhalten in drei Stufen bis zum Jahr 2020 rund 7,5 Prozent mehr Lohn. Möglich wird dies durch eine Überarbeitung der Entgelttabelle, durch die die Gehaltsgruppen tariflich neu bewertet werden. Diese "große Reform" werde zu mehr Transparenz und Gerechtigkeit führen, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer am Mittwoch in Potsdam. Laut Verdi-Chef Frank Bsirske gibt es besonders hohe Gehaltszuwächse in den Bereichen, in denen der öffentliche Dienst die größten Personalprobleme habe - etwa bei Fach- und Führungskräften, Technikern, Ingenieuren und IT-Fachleuten.
Bsirske ergänzte, zugleich sei es gelungen, auch für Beschäftigte in unteren und mittleren Gehaltsgruppen einen deutlichen Sprung nach oben zu sichern. "Es ist das beste Ergebnis seit vielen Jahren." Seehofer sprach von spürbaren Lohnerhöhungen, über die sich die Beschäftigten freuen könnten. Vorgesehen ist rückwirkend zum 1. März ein Lohnplus von im Schnitt 3,19 Prozent, zum 1. April 2019 dann von 3,09 Prozent und zum 1. März 2020 von weiteren 1,06 Prozent. Auszubildende sollen 2018 und 2019 jeweils 50 Euro pro Monat mehr Lohn erhalten.
Die Laufzeit des Tarifvertrags fällt mit 30 Monaten ungewöhnlich lang aus und schafft damit für zweieinhalb Jahre Ruhe. Die Kosten belaufen sich laut Seehofer für den Bund auf rund 2,2 Milliarden Euro. Der CSU-Politiker will das Ergebnis wie üblich auf die Beamten des Bundes übertragen. Auf die Kommunen kommen nach Angaben der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) Kosten von 7,4 Milliarden Euro zu.
MINDESTBETRAG VON 200 EURO KOMMT NICHT
Verdi und der Beamtenbund dbb hatten für die Tarifbeschäftigten eigentlich sechs Prozent mehr Lohn gefordert, mindestens aber 200 Euro pro Monat, bei einer Laufzeit von nur zwölf Monaten. Mit den 200 Euro wollten die Gewerkschaften vor allem etwas für die unteren Lohngruppen tun. Vorgesehen ist statt eines solchen Sockelbetrags nun für untere Lohngruppen bis zur Entgeltstufe sechs eine Einmalzahlung von 250 Euro, die etwa Müllwerkern zugutekommt.
VKA-Präsident Thomas Böhle sagte, durch die grundlegende Reform der Tabellenstruktur würden kommunale Arbeitsplätze attraktiver, insbesondere für Fach- und Führungskräfte. Seehofer betonte, in allen Entgeltgruppen würden die Einstiegsgehälter bis 2020 um zehn Prozent angehoben. "Ich bin zufrieden, auch wenn es anstrengend war", so der CSU-Chef, der zum ersten Mal als Verhandlungsführer des Bundes agierte. Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach zeigte sich überzeugt, dass die wochenlangen Proteste und mehr als 40 Stunden intensiver Verhandlungen sich gelohnt hätten. Der Deutsche Städtetag nannte den Abschluss vertretbar. Allerdings werde er für strukturschwache Städte mit hohen Sozialabgaben und Defiziten schwer verkraftbar sein, sagte Verbandspräsident Markus Lewe. Der Deutsche Landkreistag erklärte, das Ergebnis gehe "an die Grenze des Verkraftbaren".
Mit der Einigung können großflächige Streiks bei Stadtverwaltungen, Müllabfuhren, Kitas, Krankenhäusern sowie im öffentlichen Nahverkehr und an Flughäfen vermieden werden, die bei einem Scheitern gedroht hätten.
Ökonomen sehen in dem Abschluss ein Signal, dass niedrige Zuwächse der Vergangenheit angehören. "Die Phase ultra-niedriger Lohnabschlüsse liegt ganz klar hinter uns", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Das spiegelt vor allem die nahende Vollbeschäftigung wider." Der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, sagte, den Zuwachs der Einkommen und des privaten Verbrauchs werde dieser Abschluss etwas stützen. Die lange Laufzeit gebe Sicherheit, dass sich die Lohninflation in diesem Bereich in den kommenden Jahren nicht weiter beschleunigen werde.
Der Chef des Einzelhandelsverbands HDE, Stefan Genth, erwartet nicht, dass die Verbraucher das zusätzliche Geld nur in den Konsum stecken. So müssten sie etwa mehr für Mieten ausgeben und viele investierten in die Altersvorsorge. Laut Tarifexperte Thorsten Schulten vom WSI-Tarifarchiv sind die Abschlüsse in diesem Jahr in allen Branchen im Vergleich zu den Vorjahren deutlich höher ausgefallen. "Das spiegelt die Einsicht bei Arbeitgebern wider, dass angesichts der guten wirtschaftlichen Lage die Arbeitnehmer stärker vom Aufschwung profitieren sollen."
Geschrieben von: Reuters
Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.