Briten sorgen mit Brexit-Hinhalte-Taktik für wachsenden Unmut

Reuters

Veröffentlicht am 01.07.2016 18:17

Briten sorgen mit Brexit-Hinhalte-Taktik für wachsenden Unmut

London (Reuters) - Die zögerliche Haltung führender konservativer Politiker zur Umsetzung des Brexit-Votums sorgt in Politik und Wirtschaft zunehmend für Unruhe und Unsicherheit.

Einer der möglichen Nachfolger des britischen Premierministers David Cameron, Justizminister Michael Gove, kündigte am Freitag an, sich im Falle eines Wahlerfolgs Zeit zu lassen mit dem Austrittsantrag aus der EU. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier drückte dagegen aufs Tempo: "Was wir von London erwarten können, und zwar zügig, ist ein Fahrplan, wann die Verhandlungen über den Ausstieg aus der EU beginnen sollen." Auch europäische Notenbanker mahnten rasches Handeln an.

Er rechne nicht damit, dass Artikel 50 noch in diesem Jahr ausgelöst werde, sagte Gove in einer Pressekonferenz. Auch Goves Konkurrentin um die Cameron-Nachfolge, Innenministerin Theresa May, hatte am Donnerstag erklärt, sie wolle den Austritt aus der EU nicht vor Jahresende beantragen. Mit Artikel 50 der EU-Verträge wird der Brexit formal eingeleitet. Dafür muss Großbritannien einen Antrag bei der EU stellen. Zuvor müssten ausführliche Vorgespräche mit der EU geführt werden, sagte Gove. Dem haben unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine Absage erteilt.

Steinmeier warnte davor, zu glauben, der Brexit könne rückgängig gemacht werden. Er sehe nicht, wie man sich über das "knappe, aber doch klare Votum" der Briten hinwegsetzen könne, sagte der SPD-Politiker "Spiegel Online". Auch führende EZB-Notenbanker forderten rasch Klarheit. "Denn lange Unsicherheit wäre mit wirtschaftlichen Kosten verbunden, vor allem für Großbritannien, aber auch für die Europäische Union", sagte EZB-Direktor Benoit Coeure der französischen Zeitung "Le Monde". EZB-Chefvolkswirt Peter Praet betonte in London: "Es ist sehr wichtig, dass wir sehr rasch einen Brexit-Zeitplan erhalten."

Als erste der großen Ratingagenturen senkte Standard & Poor's (S&P) die Bewertung der EU. Die langfristigen Verbindlichkeiten der Union wurden mit "AA" eingestuft nach bislang "AA+". Zur Begründung hieß es, ohne Großbritannien würden die Haushaltsverhandlungen der verbleibenden 27 Staaten schwerer.

EASYJET ERWÄGT VERLEGUNG VON FIRMENZENTRALE