May pokert auf EU-Gipfel um Brexit-Aufschub - EU zögert

Reuters

Veröffentlicht am 21.03.2019 17:00

May pokert auf EU-Gipfel um Brexit-Aufschub - EU zögert

- von Peter Maushagen und Andreas Rinke

Brüssel (Reuters) - Acht Tage vor dem eigentlich geplanten EU-Ausstieg ringen Großbritannien und europäische Spitzenpolitiker um die Dauer des Brexit-Aufschubs.

Auf dem EU-Gipfel in Brüssel forderte die britische Premierministerin Theresa May am Donnerstag eine Brexit-Verschiebung bis Juni, während die meisten Staats- und Regierungschefs höchstens einen Aufschub bis zu den Europawahlen Mitte Mai zugestehen wollen. Für diese Frist gilt demnach allerdings die Bedingung, dass das britische Parlament dem Austrittsvertrag kommende Woche doch noch zustimmt, wie EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte. "Wir haben unser Bestes geben. Die Lösung liegt nun in London."

Gleichzeitig wächst nach mehr als zwei Jahren Verhandlungen mit London der Frust innerhalb der EU. "Jeder ist ungeduldig", sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. "Aber unsere persönliche Einstellung sollte nun keine Rolle spielen ... Wir müssen in den nächsten acht Tagen einen kühlen Kopf bewahren." Mit Humor reagierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: "Ich wusste gar nicht, dass mein Geduldsfaden so lang ist."

"HISTORISCHE BEDEUTUNG"

Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs berieten am Nachmittag in Brüssel nach einem Vortrag Mays, wie sie mit den britischen Wünschen einer Verschiebung umgehen sollen. Dazu ist ein einstimmiges Votum nötig. Bundeskanzlerin Angela Merkel rief angesichts der heiklen Lage zu Vorsicht auf. "Jeder ist sich bewusst, dass es sich hier schon um ein Ereignis von historischer Bedeutung handelt", sagte sie vor dem EU-Gipfel. "Deshalb müssen wir auch behutsam vorgehen." Man müsse bis zur letzten Stunde verhandeln und dabei sowohl die Interessen der EU als auch des Königreiches im Sinn haben. Zudem müsse bei der von London geforderten Verschiebung des Austritts vom 29. März auf den 30. Juni darauf geachtet werden, dass die Europawahl Ende Mai rechtens bleibe.

EU-Ratspräsident Donald Tusk schlug bei der Vorbereitung des Gipfels eine noch deutlichere Verlängerung der EU-Mitgliedschaft Großbritanniens von mindestens einem Jahr vor. Damit soll das Land ausreichend Zeit bekommen, um seine Brexit-Strategie zu überdenken.

GENERVTE EU-PARTNER

Der irische Ministerpräsident Leo Varadkar mahnte, die EU müsse den Briten entgegenkommen. Zudem müsse jegliche Verschiebung des Brexit-Termins über den 29. März hinaus einen Zweck erfüllen. Es gebe aber im Kreis der EU-Partner eine gewisse Aufgeschlossenheit gegenüber einem Aufschub. Laut EU-Vertrag müsse Großbritannien an den EU-Wahlen vom 23. bis 26. Mai teilnehmen, wenn das Land dann noch Mitglied sein sollte.

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Die Worte von Irland haben derzeit großes Gewicht in Brüssel. Das Land mit nur vier Millionen-Einwohnern hätte unter einem harten Bruch des größten Handelspartners mit der EU am meisten zu leiden, die Wirtschaft würde massiv einbrechen. Zudem würde die derzeit offene Grenze zu Nordirland - Teil des Königreichs - schlimmstenfalls über Nacht ein harte Grenze. Dort müssten dann Personen und Waren wieder kontrolliert werden. Die EU-Partner versicherten Dublin, dass es nicht zu einem Rückfall in die Vergangenheit kommen werde. Doch die speziell für die Grenze ausgehandelte Lösung im Ausstiegsvertrag ist der größte Streitpunkt mit London und Grund dafür, warum das britische Parlament das Abkommen vehement ablehnt.