Veröffentlicht am 18.05.2018 15:18
China und USA ringen um Abbau von Handelsdefizit
- von Michael Martina und Tony Munroe
Washington/Peking (Reuters) - In den Handelsgesprächen zwischen den USA und China in Washington zeichnet sich bislang kein Durchbruch ab.
Die Verhandlungen dauerten an uns seien konstruktiv, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Freitag in Peking. Er wies zudem die Darstellung von US-Insidern zurück, wonach China einen Abbau des Handelsüberschusses mit den Vereinigten Staaten um jährlich 200 Milliarden Dollar angeboten habe: "Dieses Gerücht ist nicht wahr." Auch im US-Handelsstreit mit der EU sowie den Nachbarstaaten Kanada und Mexiko gab es keine konkreten Fortschritte.
Offenbar als Zeichen des Entgegenkommens hob China aber Beschränkungen bei Hirse-Importen aus den USA auf, die im vorigen Jahr einen Warenaustausch im Wert von 1,1 Milliarden Dollar verhindert hatten. Den US-Insidern zufolge boten Unterhändler der Volksrepublik in Washington auch die Abschaffung von chinesischen Zöllen im Wert von vier Milliarden Dollar auf landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Obst, Nüsse, Schweinefleisch und Wein an. Eine mit den Gesprächen vertraute Person sagte zudem, dass der US-Flugzeugbauer Boeing (NYSE:BA) mit am meisten von einem Angebot der Chinesen profitieren könnte. Boeing ist der größte Exporteur der USA und verkauft bereits ein Viertel seiner Verkehrsflugzeuge nach China.
US-Präsident Donald Trump sieht sein Land benachteiligt, weil die Volksrepublik viel mehr in die Vereinigten Staaten exportiert als dort einkauft. Im vergangenen Jahr erzielte China einen Überschuss im Handel mit den USA von 375 Milliarden Dollar. Allein im ersten Quartal dieses Jahres waren es rund 80 Milliarden Dollar, fast zehn Milliarden mehr als im Vorjahreszeitraum. Sollte das Defizit nicht sinken, droht Trump mit Strafzöllen von bis zu 150 Milliarden Dollar auf chinesische Waren.
MERKEL REIST NACH CHINA, MAAS IN DIE USA
Kommt es nicht zu einer Einigung, droht ein Handelskrieg zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften, der auch Export-Europameister Deutschland treffen würde. Bundeskanzlerin Angela Merkel will nächste Woche nach China reisen und über die weltweiten Handelskonflikte sprechen. Die drohenden Schutzzölle der USA sollen auch bei einem Besuch von Außenminister Heiko Maas in Washington Thema sein.
Chinas Vize-Ministerpräsident Liu He und andere Regierungsvertreter hielten sich am Freitag zu Handelsgesprächen in der US-Hauptstadt auf. Eine erste Runde in Peking Anfang des Monats war ergebnislos verlaufen. Liu traf Trump am Donnerstag. Der Präsident äußerte sich später über die Erfolgsaussichten pessimistisch. "Der Grund für meine Zweifel ist, dass China sehr verwöhnt ist", sagte er. China habe die USA zu lange abgezockt.
Im Handelsstreit der USA mit der EU äußerte sich ein ranghoher Wirtschaftsberater Trumps zuversichtlich über die Einigungschancen. "Nach allem, was ich von meinen Kollegen höre, sind wir sehr hoffnungsvoll, die Verhandlungen mit Europa erfolgreich abzuschließen", sagte der Vorsitzende des Rats der Wirtschaftsberater im Präsidialamt, Kevin Hassett, dem "Handelsblatt". "Ich sehe keinen Handelskrieg." Am 1. Juni läuft die von den USA verlängerte Frist für die Ausnahme der EU von den Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium aus. Sollten die Verhandlungen bis dahin erfolglos bleiben und die Zölle in Kraft treten, will die EU umgehend ausgewählte US-Unternehmen mit Gegenmaßnahmen belegen.
TRUMP NIMMT DEUTSCHE AUTOBAUER INS VISIER
Trump hatte am Donnerstag erneut die Handelspolitik der EU kritisiert und besonders deutsche Autohersteller ins Visier genommen. "Für uns ist es sehr schwierig, Autos in der Europäischen Union zu verkaufen", sagte er in Washington. Umgekehrt gebe es eine Schwemme von Fahrzeugen etwa von Daimler (DE:DAIGn) und BMW (DE:BMWG) in die USA. Insgesamt habe die EU die USA in der Handelspolitik "furchtbar" behandelt.
Beide Seiten liegen auch im Streit über das Atomabkommen mit dem Iran über Kreuz. Die 28 EU-Regierungen verständigten sich auf ihrem informellen Gipfel in Sofia darauf, ungeachtet des US-Ausstiegs an dem Abkommen festzuhalten. Zudem reaktiviert die EU-Kommission auf Wunsch der Mitgliedstaaten ein altes Abwehrgesetz, um europäischen Unternehmen die Einhaltung der US-Sanktionen gegen den Iran zu verbieten. "Als EU-Kommission haben wir die Pflicht, europäische Firmen zu schützen", sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Er kündigte an, dass die EU statt eines Abbruchs der Wirtschaftsbeziehungen zum Iran der Europäischen Investitionsbank (EIB) Geschäfte in der Islamischen Republik sogar erleichtern wolle.
Auch in den Verhandlungen der USA mit den Nachbarstaaten Kanada und Mexiko über eine Reform des Freihandelsabkommens Nafta sind die Beteiligten nach Angaben des US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer noch weit von einer Einigung entfernt.
Geschrieben von: Reuters
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