Insider - Uneinigkeit in EZB nach Draghis Wink mit Geldspritzen

Reuters

Veröffentlicht am 19.06.2019 16:11

Insider - Uneinigkeit in EZB nach Draghis Wink mit Geldspritzen

- von Francesco Canepa und Balazs Koranyi

Sintra/Frankfurt/Berlin (Reuters) - Nach Signalen von EZB-Präsident Mario Draghi für mögliche neue Konjunkturspritzen herrscht unter den Währungshütern der Euro-Zone laut Insidern Uneinigkeit über die nächsten Schritte.

Einige hätten sich sogar überrumpelt gefühlt, da Draghi Maßnahmen angedeutet habe, die der EZB-Rat erst noch hätte diskutieren sollen, erfuhr Reuters aus Gesprächen am Rande des Notenbankforums der Europäischen Zentralbank im portugiesischen Sintra. Aus der deutschen Politik gab es warnende Stimmen zu Draghis Vorstoß, in Italien wurde er indes positiv aufgenommen.

Der EZB-Präsident hatte am Dienstag in Sintra zusätzlichen geldpolitischer Anschub in Aussicht gestellt, wenn die Inflation weiterhin nicht anziehen sollte. Mögliche Schritte wie neue Anleihenkäufe, Zinssenkungen oder Änderungen am Ausblick seien bereits bei der jüngsten Zinssitzung erwähnt und diskutiert worden. Der Euro-Kurs war daraufhin unter die Marke von 1,12 Dollar gefallen, die Aktienmärkte hatten zugelegt. US-Präsident Donald Trump reagierte verärgert. Er twitterte, der billigere Euro erleichtere Europa den Konkurrenzkampf mit den USA und das sei unfair.[L8N23P584] Am Mittwoch zog die Gemeinschaftswährung allerdings wieder leicht auf Notierungen über 1,12 Dollar an.

Nach Informationen von sechs Insidern am Rande des Forums hatten Währungshüter nicht damit gerechnet, dass Draghi in seiner Rede so deutliche Signale sendet. Es gebe keinen Konsens, was den weiteren Weg betreffe. Mögliche Zinssenkungen und erneute Anleihenkäufe seien zuletzt lediglich kurz angesprochen worden. Eine substanzielle Diskussion darüber habe noch gar nicht gegeben. Den Insidern zufolge waren einige Euro-Wächter besorgt, dass Draghi den Finanzmärkten so starke Hinweise zu möglichen Maßnahmen liefere, dass sie dadurch praktisch vor vollendete Tatsachen gestellt werden könnten. Dann gebe es bei der nächsten Sitzung zur Geldpolitik am 25. Juli in Frankfurt womöglich kaum noch Chancen, nicht zuzustimmen.

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