HINTERGRUND-Wer künftig die Europäische Zentralbank führen könnte

Reuters  |  Autor 

Veröffentlicht am 21.01.2018 11:39

HINTERGRUND-Wer künftig die Europäische Zentralbank führen könnte

- von Balazs Koranyi und Jan Strupczewski

Frankfurt/Brüssel (Reuters) - Die Europäische Zentralbank (EZB) sucht einen neuen Vize-Präsidenten.

Die heiße Phase beginnt dabei in der nächsten Woche - und die Personalie dürfte Konsequenzen haben bei der darauffolgenden Besetzung des Chefpostens. Denn 2019 wird das Ringen um die Nachfolge von Notenbank-Präsident Mario Draghi konkret werden - einer der wichtigsten Posten für Europas Wirtschaft. Deutschland ist bei dieser Schlüsselposition bislang nie zum Zuge gekommen. Es wird erwartet, dass Europas größte Volkswirtschaft dieses jetzt ändern will. Der Italiener Draghi, dessen ultra-lockere Geldpolitik mit Nullzinsen und billionenschweren Anleihenkäufen in Deutschland immer wieder heftig kritisiert wird, scheidet Ende Oktober 2019 aus dem Amt.

Doch zunächst werden die Euro-Finanzminister wohl kommende Woche den Auswahlprozess für den EZB-Vizeposten lostreten. Der Portugiese Vitor Constancio wird Ende Mai nach acht Jahren Amtszeit die Notenbank verlassen. Eine Entscheidung über die Nachfolge könnte im Februar getroffen werden. Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos ist bislang der einzig öffentlich bekannte Kandidat.

Sollte der Vize-Posten an eines der südlichen Länder im Währungsraum gehen, werde die Chef-Personalie wahrscheinlich für einen Vertreter aus dem Norden reserviert sein, möglicherweise aus Deutschland, sagten Insider der Nachrichtenagentur Reuters zuletzt. Im Norden wird traditionell eine schärfere Geldpolitik befürwortet, die tendenziell die Währung stärker macht und die Verschuldung von Staaten erschwert.

Der Vorsitz der Eurogruppe war zuletzt bereits an den Portugiesen Mario Centeno gegangen. "Südeuropa hat die Präsidentschaft der Eurogruppe erhalten. Wenn sie auch Constancios Job bekommen, dann muss Draghis Position in den Norden gehen, um das regionale Gleichgewicht beizubehalten", sagte einer der Insider. "Dann ist es wahrscheinlich, dass es dann Frankreich und Deutschland sein werden, die das austragen werden."

IST WEIDMANN DER RICHTIGE MANN?

Sollte das Pendel in Richtung Deutschland ausschlagen, erscheint Bundesbank-Präsident Jens Weidmann als der logische Kandidat. Er hielt sich zuletzt auf entsprechende Fragen stets bedeckt. Die Diskussion komme viel zu früh und solle nicht an Nationalitäten festgemacht werden. Ob sich Weidmann im politischen Tauziehen in Europa durchsetzen lässt, ist völlig offen. Er ist EZB-intern einer der stärksten Kritiker von Draghi und hat sich immer wieder gegen Beschlüsse der Notenbank gestemmt, mit der die EZB die Konjunktur stützen und den Euro stabilisieren wollte. Weidmann warnt vor möglichen Nebenwirkungen der lockeren Geldpolitik, etwa Preisübertreibungen auf dem Aktien- oder Immobilienmarkt.

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