Reuters
Veröffentlicht am 22.06.2018 16:11
Griechenlands Notprogramm-Ende kommt nicht überall gut an
- von Peter Maushagen
Luxemburg (Reuters) - Die Entscheidung der Euro-Länder, Griechenland nach acht Jahren am finanziellen Abgrund aus den Notprogrammen zu entlassen, stößt auf geteiltes Echo.
Während einige Politiker und der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis mit der Vereinbarung hart ins Gericht gehen, geben sich die Finanzmärkte und die Bundesregierung zufrieden. "Die Solidarität Europas hat sich ausgezahlt", sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der den Deal bis zum frühen Morgen mitverhandelte, am Freitag bei einem Treffen der EU-Ressortchefs in Luxemburg. Die europäischen Länder hätten Griechenland unterstützt, als es sich nicht mehr über den Markt finanzieren konnte. Nach langer Zeit seien jetzt die Voraussetzungen für eine Besserung geschaffen.
Damit ist eine der größten Belastungsproben für die EU, den Euro und die griechische Bevölkerung vorerst überstanden. 2010 verlor das Land wegen eines gigantischen Haushaltsdefizits und einer am Boden liegenden Wirtschaft den Zugang zum Kapitalmarkt. Seitdem wurde Hellas mit insgesamt 260 Milliarden Euro an Hilfskrediten gestützt. Das letzte Programm endet am 20. August.
Doch haben die Euro-Partner gleichzeitig ein Bündel von Maßnahmen beschlossen, die Athen die Rückkehr in die Normalität erleichtern sollen. Dazu gehören etwa eine Verlängerung der gewährten Kredite sowie eine größere Atempause von zehn Jahren bis zu ihrer Rückzahlung. Gleichzeitig erhält Hellas aus dem letzten Programm 15 Milliarden Euro für ein Finanzpolster, um die Finanzmärkte nicht so schnell anzapfen zu müssen.
Die Griechen dürften nun aber nicht wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen, sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. "Entscheidend wird sein, dass der Überwachungsrahmen, der auf das Programm folgen wird, genauso effektiv ist wie das Programm selbst." Die Renditen griechischer Anleihen fielen am Freitag auf den tiefsten Stand seit Mai. Die Bestätigung der Schuldenerleichterung verschaffe der griechischen Regierung sehr viel Luft, sagte Analyst Chris Scicluna bon Daiwa Capital Markets.
VAROUFAKIS - STAATSBANKROTT IST NUR AUFGEHOBEN
Die Athener Regierung äußerte sich zufrieden über den neuen Spielraum bei den Schulden. Die Entscheidungen der Euro-Partner markierten ein neues Kapitel für Griechenland und seine Schulden, sagte Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras. Die Schulden seien damit wieder tragbar. Griechenland könnte nun den Sparkurs hinter sich lassen, werde aber weiter einen Schwerpunkt auf Strukturreformen legen.
Harsch äußerte sich Varoufakis, der sich bei Verhandlungen über die Konditionen für die Rettung vor drei Jahren einen harten Schlagabtausch mit der EU und Ex-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lieferte. Europas Realitätsverweigerung gehe weiter, sagte er. "Griechenlands Staatsbankrott ist auf 2060 verschoben und in Schuldenerleichterung umbenannt worden."
Vorsichtige Töne schlugt der Internationale Währungsfonds (IWF) an. Der Deal helfe zwar dabei, dass Griechenland seine Schulden mittelfristig besser schultern könne. Auf sehr lange Sicht bis 2060 gebe es aber Unsicherheiten, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde. Die Bereitschaft der Euro-Partner, in Wirtschaftskrisen notfalls einzuspringen, sei vor dem Hintergrund wichtig. Auch EZB-Chef Mario Draghi begrüßte, das man sich die Option offen halte, den Schuldenberg zu verkleinern. Die Probleme von Athen sind nämlich nach wie vor groß: Der staatliche Schuldenberg ist mit 317 Milliarden Euro beinahe doppelt so hoch wie die Wirtschaftskraft und jeder fünfte Grieche ist arbeitslos.
Geschrieben von: Reuters
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