Draghi verteidigt umstrittene Nullzinspolitik im Bundestag

Reuters

Veröffentlicht am 28.09.2016 18:34

Draghi verteidigt umstrittene Nullzinspolitik im Bundestag

- von Reinhard Becker und Matthias Sobolewski

Berlin (Reuters) - EZB-Chef Mario Draghi hat im Bundestag seine umstrittene Nullzinspolitik verteidigt und eine Mitschuld an den Problemen hiesiger Großbanken zurückgewiesen.

Die EZB habe vielmehr mit ihren Maßnahmen zur Schaffung neuer Jobs und einer besser laufenden Wirtschaft beigetragen, sagte der Italiener am Mittwoch vor dem Europaausschuss. Von einer Erholung der Wirtschaft profitierten auch die Sparer: "Es liegt also in unser aller Interesse, auch dem der deutschen Sparer, ein möglichst starkes nachhaltiges Wachstum in Deutschland und im Euroraum zu erzielen."

Vor der Sitzung hatten Vertreter der Union angekündigt, Draghi mit harten Fragen zu konfrontieren. Nach Angaben von Teilnehmern verlief die Sitzung allerdings ruhig. Der CSU-Finanzexperte Hans Michelbach sagte Reuters, es sei klar geworden, dass Draghi Staatspleiten in Süd-Europa verhindern wolle. Zur Lage der Banken, zum Anstieg der Liquidität in der Euro-Zone oder zum Ausstieg aus der Niedrigzinsphase habe er jedoch nichts gesagt. Der Auftritt von Draghi, der sich am Donnerstag auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin treffen wird, sei "unbefriedigend" gewesen.

Zusätzlich zu den niedrigen Zinsen kauft die EZB seit März 2015 in großem Stil Staatsanleihen der Euro-Länder, um für mehr Wachstum und Inflation zu sorgen. Zugleich hat sie damit dazu beigetragen, dass sich hoch verschuldete Länder wie Italien, Spanien und Portugal günstig mit frischem Geld eindecken können.

"DRAGHI SPIELT BALL ZURÜCK"

Unionspolitiker hatten diese Politik mehrfach heftig kritisiert, doch nach dem Eindruck des Grünen-Haushaltsexperten Sven-Christian Kindler gingen sie nicht hart mit Draghi ins Gericht: "CDU und CSU sind als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet." Der EZB-Chef habe den Ball zurecht an die nationalen Regierungen zurückgespielt, die mehr investieren müssten. SPD-Vize-Fraktionschef Carsten Schneider sagte, Draghi habe sich zur Wehr gesetzt gegen Attacken aus der deutschen Politik und darauf verwiesen, dass solche Angriffe nur dazu führen würden, dass die EZB noch mehr tun müsse.