Reuters
Veröffentlicht am 16.07.2018 16:09
Zollstreit bremst China kaum - IWF bangt um globalen Aufschwung
- von Kevin Yao und Christian Shepherd
Peking/Washington (Reuters) - Trotz des internationalen Handelsstreits hält Chinas Wirtschaft ihr Wachstumstempo hoch.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im Frühjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,7 Prozent zu, wie am Montag vorgelegte offizielle Daten zeigen. Damit verlor die Konjunktur nur einen Tick an Fahrt. Doch über der Weltwirtschaft brauen sich wegen des von US-Präsident Donald Trump losgetretenen Zollstreits dunkle Wolken zusammen. Bei einem Besuch in Peking beschwor EU-Ratspräsident Donald Tusk die USA, China und Russland, sich nicht auf einen Handelskrieg einzulassen: "Es ist immer noch Zeit, Konflikt und Chaos zu vermeiden." Der Internationale Währungsfonds (IWF) bangt um den Aufschwung, falls sich der Konflikt weiter hochschaukeln sollte.
Falls sich die Zollspirale immer weiter drehe, könne dies den "Aufschwung zu Fall bringen", warnte IWF-Chefvolkswirt Maury Obstfeld. Sollten neben den geltenden auch die von den USA und ihren Handelspartnern angedrohten Abgaben in Kraft treten, könne dies die Weltwirtschaft bis 2020 rund einen halben Prozentpunkt Wachstum kosten. Da die Vereinigten Staaten einen relativ hohen Anteil ihrer Exporte auf den Weltmärkten verzollen müssten, seien sie bei einem ausufernden Handelskonflikt "besonders verwundbar". Trump sieht sein Land als Verlierer der Globalisierung. Ein Staat mit einem Handelsbilanzdefizit von insgesamt 800 Milliarden Dollar könne bei einem Handelskrieg nur gewinnen, hatte er jüngst gesagt.
Trump ist vor allem der Überschuss der EU im transatlantischen Warenverkehr ein Dorn im Auge: Von Januar bis Mai kletterte dieser binnen Jahresfrist um rund 14 Prozent auf 54,8 Milliarden Euro. Die Ausfuhren in die weltgrößte Volkswirtschaft stiegen in den ersten fünf Monaten um 2,1 Prozent auf mehr als 163 Milliarden Euro, die Einfuhren aus den USA sanken hingegen um gut drei Prozent auf rund 108 Milliarden Euro.
Trump stört auch das amerikanische Handelsdefizit mit China, das er mit Schutzzöllen abzubauen gedenkt. Die Volksrepublik hat im eskalierenden Zollstreit mit den USA nunmehr wie angekündigt die Welthandelsorganisation WTO eingeschaltet. Die Volksrepublik legte Beschwerde gegen die jüngst angedrohten US-Zölle auf chinesische Güter im Wert von 200 Milliarden Dollar ein, wie das Handelsministerium in Peking mitteilte. Auf diese Waren sollen zusätzlich zehn Prozent bei der Einfuhr in die USA fällig werden - darunter Sojabohnen, Kohle und Elektronik. China hat deutlich gemacht, dass es mit Gegenmaßnahmen reagieren wird.
"TRUMP MANÖVRIERT SICH IN SACKGASSE"
"Unser Eindruck verdichtet sich, dass sich Trump mit Maximalforderungen immer weiter in eine Sackgasse manövriert, die ein späteres Zurück kaum noch zulässt", so Chefökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Sollten die gegen China gerichteten US-Zölle in zwei Monaten oder später zur Realität werden, dürften diese für das Jahr 2019 konjunkturell sichtbar negative Auswirkungen haben, prophezeit der Experte.
Der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang betonte in Peking, Freihandel und Multilateralismus müssten gewahrt bleiben. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker appellierte zugleich an seine Gastgeber in Peking, sich wirtschaftlich stärker zu öffnen. Mit Blick auf die jüngste Genehmigung für ein petrochemisches Milliarden-Projekt von BASF (DE:BASFN) im Reich der Mitte, sagte Juncker über China: "Es weiß, wie man sich öffnet." Die EU und China machten in einer gemeinsamen Erklärung deutlich, dass sie einem beiderseitigen Investitionsabkommen höchste Priorität einräumen. Insbesondere in der heutigen Zeit sei die europäisch-chinesische Partnerschaft wichtiger denn je, schrieb Juncker auf Twitter.
Engere wirtschaftliche Beziehungen zum Reich der Mitte sind für Europa auch deshalb von besonderer Bedeutung, da eine Eskalation des Handelsstreits mit den USA nicht auszuschließen ist: Trump hat mehrfach mit Schutzzöllen auf europäische Autoimporte gedroht, falls die aus seiner Sicht unfaire Behandlung seines Landes beim Handel mit Fahrzeugen nicht beendet werde. Der Republikaner bezeichnete die Europäische Union (EU) in einem Interview jüngst sogar als einen Feind der USA in Handelsfragen.
Geschrieben von: Reuters
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