China investiert Milliarden gegen "konjunkturelle Eiszeit"

Reuters

Veröffentlicht am 05.03.2019 13:11

China investiert Milliarden gegen "konjunkturelle Eiszeit"

- von Kevin Yao und Reinhard Becker und Rene Wagner

Peking/Berlin (Reuters) - Inmitten des Handelsstreits mit den USA stemmt sich Chinas Führung mit milliardenschweren Steuersenkungen und Investitionen gegen eine heraufziehende Flaute.

Um die Wirtschaft zu stützen, werde Chinas Finanzpolitik "energischer" werden, kündigte Ministerpräsident Li Keqiang am Dienstag zum Auftakt der Jahrestagung des Volkskongresses an. Zugleich warnte er vor mehr als 3000 Parlamentariern in der Großen Halle des Volkes in Peking vor unvorhersehbaren Risiken: "Wir müssen uns für einen harten Kampf rüsten." Im Arsenal hat die Regierung dafür eine Senkung der Mehrwertsteuer und weitere Entlastungen für Firmen im Gesamtvolumen von mehr als 260 Milliarden Euro sowie eine stärkere Marktöffnung. Insbesondere die Industrie, der Verkehrssektor und der Bau sollen gestützt werden.

Die deutsche Unternehmen versprechen sich davon Impulse für das eigene Geschäft. "Die Volksrepublik bleibt eine Zugmaschine für die deutsche Wirtschaft", sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier.

Die Regierung Chinas will 2019 zudem mehr als elf Millionen neue Jobs in den Städten schaffen und die Arbeitslosenquote dort bei 4,5 Prozent halten. "Die Führung in Peking legt auch einen Schwerpunkt auf Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen", sagte die Expertin Kristin Shi-Kupfer vom Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin. "Dahinter steht natürlich auch die Angst vor sozialen Unruhen",

Li gab für 2019 ein Wachstumsziel von nur noch 6,0 bis 6,5 Prozent aus. 2018 hatte sich das Plus in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt auf 6,6 Prozent abgeschwächt, der geringste Anstieg seit 1990 in dem lange Zeit von zweistelligen Zuwachsraten verwöhnten Schwellenland. Dass die Regierung nun wieder auf das Rezept massiver Konjunkturhilfen setzt, unterstreicht laut ING-Bankenökonomin Iris Pang den Ernst der Lage: "Wenn man nicht krank ist, nimmt man eigentlich nicht so viele Arzneien auf einmal ein."

"Mit den Konjunkturmaßnahmen wird eine konjunkturelle Eiszeit vermieden", sagte DIHK-Ökonom Treier. "Davon profitieren wir indirekt", So dürften die Exporte in das Land in diesem Jahr um bis zu fünf Prozent wachsen und damit mehr als doppelt so stark wie die deutschen Ausfuhren insgesamt. Zuletzt hatten sich zudem die Zeichen verdichtet, dass die USA und China kurz vor einem Ende ihres seit Monaten schwelenden Handelsstreits stehen. Dieser strahlt auch auf deutsche Hersteller aus, die in den beiden Ländern für den jeweils anderen Markt produzieren. China ist inzwischen drittgrößter Abnehmer von Waren "Made in Germany" nach den USA und Frankreich. 2018 wurden Produkte im Wert von mehr als 86 Milliarden Euro dorthin geliefert.

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