Putsch bremst türkische Wirtschaft - Urlauber bleiben aus

Reuters

Veröffentlicht am 28.07.2016 17:02

Putsch bremst türkische Wirtschaft - Urlauber bleiben aus

Istanbul/Berlin (Reuters) - Der Putschversuch und die Repressionen gegen Tausende mutmaßliche Gegner von Präsident Recep Tayyip Erdogan verstärken den Abwärtstrend der türkischen Wirtschaft.

Die Buchungen für die Hochsaison seien um fünf Prozent eingebrochen, teilte der Reisekonzern Thomas Cook (LON:TCG) am Donnerstag mit. Die Chancen auf eine baldige Erholung des für die Türkei wichtigen Tourismus sei gering. Die Welle der Suspendierungen, Kündigungen, Festnahmen und Anklagen erfasste auch das Außenministerium, 88 Diplomaten wurden aus ihren Posten entfernt. Noch am Donnerstag wollte der höchste Militärrat weitere Maßnahmen beschließen, nachdem bereits über 10.000 Soldaten verhaftet worden waren.

In Berlin mahnte Bundeskanzlerin Angela Merkel, bei aller Berechtigung, gegen die Putschisten vorzugehen, müsse dabei die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Die Türkei forderte dagegen die Auslieferung mutmaßlicher Anhänger des Predigers Fethullah Gülen, die nach Deutschland geflohen sein sollen. Erdogan hält Gülen für den Drahtzieher des Putsches am 15. Juli, was der bestreitet.

EINBRUCH BEI TOURISMUS-ZAHLEN DURCH UNSICHERE LAGE

Der Touristikkonzern Cook, in Deutschland durch die Marken "Neckermann" und "Öger" bekannt, korrigierte mit Blick auf die jüngsten Ereignisse in der Türkei seine Gewinnerwartungen bis September von knapp 400 Millionen Euro auf 357 Millionen Euro nach unten. Wegen der angespannten Sicherheitslage hatten bereits vor dem Umsturzversuch immer mehr Urlauber einen Bogen um die Türkei gemacht: Im Juni kamen nach Angaben des Tourismusministeriums fast 41 Prozent weniger Besucher aus dem Ausland als im Vorjahreszeitraum. Trotzdem gab sich Vize-Ministerpräsident Nurettin Canikli zuversichtlich. Der Putschversuch werde keinen bleibenden Schaden in der Wirtschaft hinterlassen, sagte er dem Sender A Haber.

Die Regierung im Ankara versuchte auch, den Druck auf den in den USA lebenden Gülen zu erhöhen. Justizminister Bekir Bozdag sagte dem TV-Sender Habertürk, es gebe Geheimdienstinformationen, dass Gülen versuchen könnte zu flüchten. Demnach seien Australien, Mexiko, Kanada, Südafrika oder Ägypten als mögliche Zufluchtsländer im Gespräch. Die Türkei verlangt die Ausweisung des einstigen Weggefährten Erdogans. Die USA fordern stichhaltige Beweise für die Vorwürfe gegen Gülen. Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte dem Sender CNN Türk, er sehe einen positiven Wandel in der Haltung der USA, ohne konkreter zu werden.

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