ROUNDUP 2: Talsohle erreicht? Deutsche Exporte legen im März wieder zu

dpa-AFX

Veröffentlicht am 07.05.2024 12:11

WIESBADEN/BERLIN (dpa-AFX) - Deutschlands Exporteure haben zum Abschluss eines durchwachsenen Quartals wieder Zuwächse verbucht. Für die ersten drei Monate insgesamt steht jedoch ein Minus in der Bilanz, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag auf Basis vorläufiger Ergebnisse mitteilte. Volkswirte warnen daher vor zu großer Euphorie: Die Auftragslage in der Industrie bleibt schwach, Krisen und Konflikte rund um den Globus belasten den Welthandel. Zumindest deutsche Unternehmen im Ausland blicken so zuversichtlich wie seit zwei Jahren nicht auf die Entwicklung der Weltwirtschaft, wie eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und der deutschen Auslandshandelskammern (AHK) ergab.

Von Januar bis einschließlich März 2024 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Waren "Made in Germany" im Gesamtwert von 402,2 Milliarden Euro ins Ausland geliefert. Das waren nach Berechnungen der Wiesbadener Behörde 1,1 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Vor allem das Geschäft in Europa schwächelte: Im Handel mit den Partnerländern der Europäischen Union, der wichtigsten Absatzregion für die deutsche Exportwirtschaft, gab es in den drei Monaten ein Minus von 0,6 Prozent. Die deutschen Ausfuhren in den Euroraum gingen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,1 Prozent zurück.

Zuwächse für Exporteure im März

Die März-Bilanz nährt jedoch die Hoffnung auf eine Trendwende: Nach einem Dämpfer im Februar lagen die Ausfuhren im März mit 134,1 Milliarden Euro um 0,9 Prozent höher als im Vormonat und um 1,2 Prozent über dem Niveau von März 2023. Im März gingen die meisten deutschen Exporte in die USA, aber auch der Handel mit den EU-Partnern legte zu.

"Die Talsohle im Export scheint erreicht", befand der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura. "Es bleiben aber die strukturellen Probleme. Die stark gesunkene Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland, der anhaltende Protektionismus sowie die hohe Regulierungsdichte in Deutschland machen unseren Exporteuren und Außenhändlern nach wie vor das Leben schwer."

Dass die Exporte zuletzt anzogen, war nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes neben steigenden Bauinvestitionen der Grund, warum die deutsche Wirtschaft insgesamt mit einem leichten Wachstum ins laufende Jahr startete. Importiert wurden im März nach Angaben der Wiesbadener Statistiker Waren im Gesamtwert von 111,9 Milliarden Euro und damit 0,3 Prozent mehr als im Februar, aber 3,0 Prozent weniger als vor Jahresfrist. In den ersten drei Monaten summierten sich die Einfuhren nach Deutschland demnach auf 331,8 Milliarden Euro - ein Minus von 6,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum.

Experten: Deutsche Wirtschaft muss sich breiter aufstellen

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"In der Tat sind die Nettoexporte wieder zu einem wichtigen Wachstumsmotor geworden", ordnete ING (AS:INGA) -Chefvolkswirt Carsten Brzeski ein. "Es wäre jedoch trügerisch, auf eine Rückkehr der bekannten Erfolgsformel des exportorientierten Wachstumsmodells zu setzen." Die Liste geopolitischer Risiken und potenzieller Handelsspannungen sei lang, das Geschäftsmodell der deutschen Wirtschaft müsse "noch viel ausgewogener werden".

Auch die DIHK rät Unternehmen in einem aktuellen Ideenpapier, sich bei Lieferketten und Absatzmärkten breiter aufzustellen. "Die deutsche Wirtschaft ist vor allem von bestimmten Schlüsselproduktionen und Handelspartnern abhängig", erläuterte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. "Die Risiken müssen besser gestreut werden."

Bessere Stimmung bei deutschen Unternehmen im Ausland

Dem am Dienstag von der DIHK vorgestellten "AHK World Business Outlook" zufolge rechnen 31 Prozent der knapp 4300 befragten Unternehmen für die kommenden zwölf Monate mit einer besseren konjunkturellen Entwicklung an ihren internationalen Standorten. Im Herbst waren es noch 22 Prozent. 19 Prozent erwarten eine konjunkturelle Abkühlung vor Ort, jedes zweite Unternehmen sieht eine stabile Entwicklung. Zuversicht schöpfen Unternehmen aus sinkenden Inflationsraten und der Hoffnung auf Zinssenkungen, dämpfend wirken Spannungen wie in Nahost und Handelskonflikte. Das Geschäft in China bleibt schwierig.

"Aktuell materialisieren sich die besseren Konjunkturerwartungen aber noch nicht in einer gleichstarken Belebung des internationalen Handels ? und damit auch der Geschäfte der deutschen Unternehmen vor Ort", erklärte DIHK-Experte Treier. "Die schwächelnde Konjunktur in Deutschland und bestehende Unsicherheiten über die wirtschaftspolitische Entwicklung hemmen noch viele AHK-Mitgliedsunternehmen."

Ein wichtiger Faktor für Investitionen im Ausland seien Kosten, erklärte Treier. "Die Kosten in Deutschland sind zu hoch, und deshalb investieren die Unternehmen im Ausland." Er sprach von Produktionsverlagerungen oder Vorbereitungen dafür. Die Erweiterung der EU um 13 ost- und südeuropäische Länder seit 2004 beschrieb er als Erfolg: Dort beschäftigten deutsche Unternehmen mittlerweile fast anderthalb Millionen Menschen. "Das ist in der Summe mehr, als deutsche Unternehmen in China aufgebaut haben." Die USA, die zunehmend Vorgaben für Fertigung im eigenen Land machen, zwängen Unternehmen zur Produktion vor Ort. "Die Amerikaner spielen nicht mehr nach den Regeln", sagte Treier, der sich auch auf die Vorgaben der Welthandelsorganisation bezog.

Schwache Auftragslage in der Industrie

Wie fragil die Lage insgesamt noch ist, zeigt sich auch beim Blick auf die Industrieaufträge in Deutschland: Im März verbuchte das verarbeitende Gewerbe hierzulande 0,4 Prozent weniger Neubestellungen als im Februar 2024. Zudem korrigierte das Statistische Bundesamt die Zahl für den Auftragseingang im Februar von plus 0,2 Prozent auf minus 0,8 Prozent nach unten.

"Die industrieabhängige deutsche Wirtschaft benötigt für einen nachhaltigen Aufschwung vor allem mehr Aufträge", analysierte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Solange dies nicht der Fall ist, bleibt es beim Ritt auf der Rasierklinge zwischen einem leichten Wachstum und einem Rückgang der Wirtschaftsleistung.

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