Veröffentlicht am 07.06.2019 11:58
Sorgen um deutsche Konjunktur nehmen zu - "Gruselige Daten"
- von Rene Wagner und Frank Siebelt
Berlin/Frankfurt (Reuters) - Die Sorgen um die deutsche Wirtschaft nehmen nach einem desaströsen Frühjahrsauftakt deutlich zu: Sowohl Exporte als auch Produktion brachen im April angesichts von Handelskonflikten und schwacher Weltkonjunktur so stark ein wie seit annähernd vier Jahren nicht mehr.
Das Bruttoinlandsprodukt könnte deshalb im zweiten Quartal schrumpfen, befürchten Ökonomen. "Nach einer Phase der Hochkonjunktur kühlt sich die Wirtschaft in Deutschland gegenwärtig spürbar ab", erklärte die Bundesbank am Freitag. Sie rechnet in diesem Jahr nur noch mit einem Wachstum von 0,6 Prozent, nachdem sie im Dezember noch 1,6 Prozent vorausgesagt hatte.
Die deutschen Exporte fielen im April um 3,7 Prozent niedriger aus als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang von 0,9 Prozent gerechnet, nachdem es im März noch ein Wachstum von 1,6 Prozent gegeben hatte. Die Unternehmen drosselten zugleich ihre Produktion: Industrie, Baubranche und Versorger stellten zusammen 1,9 Prozent weniger her als im Vormonat, wie aus Daten des Bundeswirtschaftsministeriums hervorgeht. Ökonomen hatten hier nur mit einem Rückgang von 0,4 Prozent gerechnet. Angesichts der schlechten Stimmung in den Unternehmen geht das Ministerium "weiterhin von einer gedämpften Industriekonjunktur in den kommenden Monaten" aus.
"KEINE AUSGEPRÄGTE REZESSION ZU ERWARTEN"
Ökonomen sehen das noch kritischer. "Die Produktions- und Außenhandelsdaten sind gruselig", sagte DekaBank-Volkswirt Andreas Scheuerle. "Der Start in das zweite Quartal war ein Desaster." Im ersten Jahresviertel war Europas größte Volkswirtschaft noch um 0,4 Prozent gewachsen, nun droht ein Minus. "Mit einer ausgeprägten Rezession rechnen wir aber weiterhin nicht", betonte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. "Denn die expansive Geldpolitik der EZB stützt weiterhin die Inlandsnachfrage, und im späteren Verlauf des zweiten Halbjahres dürfte sich auch die Auslandsnachfrage wieder etwas beleben." Die Europäische Zentralbank hatte am Donnerstag beschlossen, ihren Leitzins bis mindestens Mitte 2020 bei null Prozent zu belassen, wodurch Kredite für Investitionen und Konsum sehr günstig bleiben dürften. Zudem könnte der April auch deshalb so schwach ausgefallen sein, weil das Osterfest komplett auf diesen Monat fiel und die Feriensaison viele Betriebe ausbremste.
Die Bundesbank geht davon aus, dass die Ausfuhren ab dem zweiten Halbjahr allmählich wieder kräftiger zulegen werden. Dann werde auch die Industrie wieder mehr produzieren. "Sobald die Auslandsnachfrage in Gang kommt, wird das Wachstum der deutschen Wirtschaft wieder auf einem breiteren Fundament stehen", betonte Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Für das kommende Jahr rechnet sein Haus aber nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 1,2 (bisher: 1,6) Prozent. Für 2021 werden 1,3 (1,5) Prozent prognostiziert.
Allerdings bestehen auch enorme Risiken. So hat sich der Handelsstreit zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften USA und China seit Mai wieder zugespitzt. Beide Länder sind extrem wichtige Kunden der deutschen Wirtschaft. Kühlt sich die Konjunktur dort durch den Zollstreit ab, bekommen das auch die deutschen Hersteller zu spüren. "Eines wird deutlich: In Zeiten von Handelskrieg ist das wirtschaftliche Risiko für die deutsche exportabhängige Wirtschaft besonders hoch", warnte deshalb der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet angesichts dieser Gefahren für das laufende Jahr nur noch mit einem Exportzuwachs von 1,2 Prozent, nachdem es 2018 noch zu zwei Prozent gereicht hatte. "Nur mit wirtschaftspolitischem Rückenwind hierzulande können die deutschen Unternehmen auch die internationalen Herausforderungen meistern", appellierte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier an die Politik. "Sie brauchen den Ausbau unserer Infrastruktur, eine ehrgeizige Unternehmenssteuerreform und Fortschritte beim Bürokratieabbau."
Geschrieben von: Reuters
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