China-Boom flaut ab - "Zollstreit hinterlässt Bremsspuren"

Reuters  |  Autor 

Veröffentlicht am 21.01.2019 12:13

China-Boom flaut ab - "Zollstreit hinterlässt Bremsspuren"

- von Kevin Yao und Yawen Chen und Reinhard Becker

Peking/Berlin (Reuters) - Der Zollstreit mit den USA schlägt zusehends auf Chinas Wirtschaftswachstum durch und macht milliardenschwere Konjunkturprogramme wahrscheinlicher.

2018 legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) so langsam zu wie seit 28 Jahren nicht mehr. Die Wachstumsrate in dem für deutsche Konzerne wie etwa VW (DE:VOWG) als Absatzmarkt wichtigen Reich der Mitte sank auf 6,6 Prozent. Ifo-Forscher Gabriel Felbermayr sieht dies als "Zeichen der Normalisierung", da sich China weltweit auf Rang zwei der Wirtschaftsmächte nach den USA festgesetzt hat. Zusätzlich sorgt aber der Handelskonflikt mit Washington für "immer deutlichere Bremsspuren", wie Ökonomin Monika Boven von der DZ Bank sagt. Im vierten Quartal fiel das Wachstumstempo mit 6,4 Prozent auf das langsamste Tempo seit der Finanzkrise vor zehn Jahren.

Damals bewahrte China die Weltwirtschaft mit massiven Konjunkturspritzen vor einer Depression. Ifo-Ökonom Felbermayr hält eine Neuauflage solcher Programme im Volumen von rund 300 Milliarden Dollar für realistisch, zumal die nachlassende Wachstumsdynamik die kommunistische Führung unter Zugzwang setze: "Das chinesische Wirtschaftsmodell braucht das Wachstum - auch zur Stabilität des Regimes. Regierung und Zentralbank haben noch gut gefüllte Munitionslager zum Befeuern der Konjunktur."

Präsident Xi Jinping lässt sich vorerst nicht in die Karten blicken und betonte am Montag lediglich, die wirtschaftlichen Aktivitäten sollten im "grünen Bereich" gehalten werden. China und die USA hatten in der vergangenen Woche ihre Handelsgespräche wieder aufgenommen. US-Präsident Donald Trump sieht dabei Fortschritte. Ende Januar soll die nächste Gesprächsrunde folgen. Die beiden größten Volkswirtschaften haben sich in dem Streit mit hohen Strafzöllen überzogen.

Sollte Peking tatsächlich rund 300 Milliarden Dollar zur Stabilisierung der Wirtschaft in die Hand nehmen, könnte dies laut Ifo-Forscher Felbermayr rund einen halben Prozentpunkt Wachstum bringen. Allerdings sei dabei zu bedenken, dass dieser Effekt lediglich dem "Abwärtstrend" beim Wachstum entgegenwirke. "Es wird zusätzliche Impulse geben", sagte auch Analystin Christy Tan von der National Australia Bank in Singapur. "Es ist noch nicht die Zeit sich zurückzulehnen." Alle Augen richten sich nun auf die jährliche Parlamentssitzung im März, wo weitere Konjunkturstützen in Form von größeren Steuersenkungen und weiteren Programmen zum Ausbau der Infrastruktur in dem Riesenreich beschlossen werden könnten.

"GROSSE BONANZA VORBEI"

Die Zentralbank pumpte unlängst bereits die Rekordsumme von umgerechnet knapp 73 Milliarden Euro in die Finanzbranche. Ökonom Maximilian Kärnfelt vom Mercator Institute for China Studies (Merics) sieht diesen Schritt als Teil einer "sehr klugen Strategie", das Land mit seiner Milliardenbevölkerung von einer eher auf Investitionen ausgerichteten Volkswirtschaft zu einem stärker auf Konsum basierendem Modell umzustellen. Als Triebfeder dienten dabei die Geschäftsbanken, die verstärkt Kredite an Mittelständler vergeben sollen.

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